Ob’s stürmt ob’s schneit was macht das schon? Wir lieben die Sowjetunion! Eine Kritik an die Rote Hilfe

Ob’s stürmt ob’s schneit was macht das schon? Wir lieben die Sowjetunion!

„Der Stalinismus war die Schreckensherrschaft innerhalb der bürokratischen Klasse selbst. Der Terrorismus, der die Macht dieser Klasse begründet, muss auch diese Klasse treffen, denn sie hat als besitzende Klasse keine juristische Garantie, keine anerkannte Existenz, die sie auf jedes ihrer Mitglieder ausdehnen könnte. Ihr wirkliches Eigentum ist versteckt, und sie ist nur mit Hilfe des falschen Bewusstseins zur Eigentümerin geworden. Das falsche Bewusstsein behauptet seine absolute Macht nur durch den absoluten Terror, in dem jede wahre Begründung endlich verloren geht.“ (Guy Debord, die Gesellschaft des Spektakels)

Nach der letzten Nummer der RHZ 4.2016 mit dem Schwerpunkt Siegerjustiz – Verfolgung und Delegitimierung eines sozialistischen Versuchs seit 1990 sollten allen Menschen in Bezug zu der DDR die Augen geöffnet worden sein, falls sie noch an dieser zweifelten.

Es war in Berlin schwer an ein Exemplar dieser Nummer ranzukommen. Alle Beziehungen ins Spiel gesetzt und voller Vitamin B konnten auch wir eine erhalten. Entweder weil diese Begeisterung von vielen geteilt wurde und daher sofort vergriffen war, oder weil diese Nummer schlechthin in dem Müll gelandet ist. Voller Erstaunen und Begeisterung konnten wir diese dennoch lesen.

Jetzt kommt der Moment dazu etwas zu schreiben. Unsere Überraschung hält sich im Zaun, gerade wegen der Gewohnheit an die vielen Schundtexte die in dieser Stadt kursieren. Auch wenn seit vielen Jahren in den sogenannten linksradikalen Kreisen sehr viel Müll veröffentlicht wird, vieles politisch unbedacht wird und Politik als die Wiederholung von Phrasen stattfindet und verstanden wird, hat die letzte Nummer der RHZ einige Tabus gebrochen und die Messlatte nochmals kräftig verschoben. Passiert alle Jahre wieder und nichts wird gelernt.

Endlich kann ohne Scham die Stasi, die Knäste in der DDR, die NVA, die Bürokratenjustiz der DDR, die Parteibonzen, die Jugendwerkhöfe1, sogar der antifaschistische Schutzwall, der Staatskapitalismus als der Himmel auf Erden für die ausgebeutete Arbeiter*innenklasse kritiklos verteidigt werden. Denn endlich kann gesagt werden, das Problem ist nicht Herrschaft an sich, sondern wer überhaupt diese leitet. Kapitalismus ist nicht das Problem an sich, sondern nur jene die diesen leiten. Im Sozialismus treten die Widersprüche des Kapitalismus und der Herrschaft nicht auf, denn im Falle des ZK‘s tritt das „Institut der ewigen Wahrheit2auf und diese können keine Fehler machen. Die Farce den Sozialismus als notwendige „Übergangsphase“ nach wie vor zu verteidigen, zeigt dass das Projekt der Verteidiger der DDR niemals eine klassenlose Gesellschaft war, sondern nur das Verteidigen des Dogmas eines „Arbeiter – und Bauernstaates“, welches immer gegen diese Arbeiter*innen und Bauer*innen agierte.

Wie mehrmals in dieser Nummer erwähnt wird3, ist jede Kritik blanker Antikommunismus und spielt daher der westlichen und imperialistischen Herrschaft in die Hände. Dies zeigt die wahre Gesinnung der Herausgeber*innen und Verfasser*innen. Seit langem wurde keine politische Stellungnahme mit solchen Wörtern vor der Kritik geschützt.

Das Verteidigen der Diktatur einer Partei kann nicht ignoriert werden, sie darf nicht salonfähig gemacht werden, sie wird durch diese Analyse als konterrevolutionär und reaktionär auffliegen und niedergeschmettert. Denn wir hassen nicht die DDR mehr als jeden anderen kapitalistischen Staat, sondern nur das, was diesen wie jeden anderen Staat ausmacht und weder als befreiend noch revolutionär bezeichnet werden kann.

Wir sind Anarchist*innen und umso kurioser empfinden wir es, dass wir in dieser Kritik an die RH Lenin gleich zitieren werden, auch wenn wir es im Kontext total verdrehen. Gerade Lenin, der ja die Grundsteine einer Diktatur legte, eine Revolution verhinderte und sämtliche Revolutionäre in Russland erschießen, verbannen und einsperren ließ, die nicht auf der eigenen Linie waren. Denn wie in den meisten Artikeln zu der Thematik in der RHZ wurde eine durchgehende Heroisierung aller wichtigen Staatsbeamte der DDR hervorgebracht und dies kommt an Anarchist*innen nicht bemerkunglos vorbei. Diese Arbeiteraristokratie, „bestbezahlte Teil der Arbeiterklasse, (…) ihre Aristokratie“(Marx), „denn sie sind die wirklichen Agenten der Bourgeoisie innerhalb der Arbeiterbewegung (…)“ (Lenin) welche sich nicht nur durch einen höheren Lohn differenzierte, sondern vor allem an der Machtfrage. Also eigentlich waren sie doch keine Arbeiter*innen, egal denn wir konnten Lenin gegen seine Anhänger*innen endlich zitieren.
Dieser Parteibürokraten und deren Schergen, die in diesem Falle das MfS, die NVA, Minister, Mitglieder des ZK‘s oder der Kundschafter der DDR unter vielen anderen Entscheidundstragenden4 und die gesamte DDR-Elite5 ausmachten, sie waren jene Privilegierte, jene die die Herrschaft trugen und formten. Jene, denen in der RHZ der Arsch gerettet werden soll. Denn wie sogar der Reformist und Kapitalist Engels sagte, „sie haben es fertiggebracht, sich eine verhältnismäßig komfortable Lage zu erzwingen, und diese Lage akzeptierten sie als endgültig“, aber davon scheint nicht die Rede zu sein.

All jene eben, die für die Herausgeber*innen dieser Artikel wichtig waren, die sich für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft eingesetzt haben6. Interessanterweise jene privilegierte Klasse der Bürokrat*innen die als Ersatz zur Bourgeoisie, oder ihren Platz einnehmende neue herrschende Klasse, eine historische Aufgabe zu tragen wusste und nicht das Proletariat, in deren Name all dies doch geschah7. Dennoch bei einer Sache hatten die Herausgeber Recht, all jene die sie verteidigen, waren die DDR, sie waren ihre menschliche Gestalt, auch wenn ein Staat immer durch mehr ausgemacht wird, aber im übertragenen Sinne, der Apparat welches die DDR zusammenhielt, die Menschen dahinter sie waren wirklich die DDR.

Bei uns bekommt man was für sein Geld! (…) Lada, Wartburg und der Trabant, ein super Angebot bei uns im Land! Das alles gibt es nur bei uns! IN DER DDR!“ (Schleimkeim)

Egal wie sozialistisch oder kommunistisch sich all diese Experimente oder Versuche bezeichneten, denn auch deren Aufgabe war es, den Kapitalismus (in diesem Falle reguliert durch den Staat was das ZK mehr als jeder andere verkörperte) zu verwalten und die Ausgebeuteten im Zaun des Elends zu halten. Denn nicht alle Arbeiter*innen waren ein Adolf Henneke8 und wollten es vor allem auch nicht sein. Die Ausbeutung unter sozialistischen Bedingungen ist nicht erträglicher als andere.

Was ist die Liebe zur Arbeit doch für ein Wahnsinn! Was für eine szenische Geschicklichkeit hat das Kapital bewiesen, als es die Ausgebeuteten dazu gebracht hat, die Ausbeutung zu lieben, den Gehängten die Schnur und den Sklaven die Fesseln. Bis heute hat diese Idealisierung der Arbeit, die Revolution getötet.“ (A.M.Bonanno, die bewaffnete Freude)

Mit einer klassenlosen Gesellschaft, der Abschaffung des Staates, mit der Überwindung von Herrschaft und mit der Abschaffung der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen hatte als dies nicht zu tun. Die DDR war eine weitere notwendige Phase des Kapitalismus, um die Ausbeutung der Arbeiter*innenklasse voranzutreiben. Der Staatskapitalismus war aus einer Herrschaftslogik, eine temporäre Notwendigkeit um Kapital und Akkumulation zu produzieren, entstanden. Weltweit muss sich der Kapitalismus anders ausdrücken. Nicht um Gegensätze zu erzeugen, sondern um Gegengewichte zu haben, die sich gegenseitig ergänzen und bestätigen.
All jene Produktionsmaßnahmen, wie der Fordismus und Taylorismus, spielten im Alltag der sozialistischen Länder eine wichtige Rolle. Eine Realität in der die Maschinen, die Produktionspläne in diesem Falle, das Tempo der Ausgebeuteten bestimmten. Die Arbeiter*innen in einer Fabrik in der DDR waren der Entfremdung durch die Produktion genauso unterworfen wie ihre Klassenbrüder im Westen. Der Versuch all diese Realitäten ausschließlich nur dem „Westen“ anzuprangern ist daher historisch falsch. Ist doch der Klassenkampf eine Realität, die alle Arbeiter*innen weltweit verbindet und nicht die Fahne unter der sie Appell stehen müssen.

Die Bourgeoisie ist zur Macht gelangt, weil sie die Klasse der sich entwickelnden Wirtschaft ist. Das Proletariat kann seinerseits die Macht sein, aber nur wenn es zur Klasse des Bewusstseins wird. Das Reifen der Produktivkräfte kann eine solche Macht nicht garantieren, und dies auch nicht auf dem Umweg der gesteigerten Enteignung, die dieses Reifen begleitet. Die jakobinische Eroberung des Staates kann nicht das Instrument des Proletariats sein. Keine Ideologie kann ihm helfen, Teilzwecke in Gesamtzwecke zu verkleiden, denn es kann keine Teilrealität aufbewahren, die ihm tatsächlich gehörte.“ (Guy Debord, die Gesellschaft des Spektakels)

Doch unter dem Deckmantel des Antifaschismus kann auch hier in Deutschland nach wie vor sehr viel Müll veröffentlicht und verteidigt werden. Wäre es eine DDR-Rentner*innen Gruppe, irgendeine K-Splittergruppe, könnte dies ignoriert werden, nicht mehr als eine Anekdote oder ein Witz wert.

Aber es geht um die Rote Hilfe, eine Organisation, die sich mit von Repression betroffenen Menschen auseinandersetzt, die gerade aber auch Repression aus einer linken Sicht, aus dem Antifaschismus heraus legitimiert und verteidigt. Und gerade in dieser Nummer werden Knäste in all ihren Formen legitimiert und somit auch Folter, Unterdrückung, Isolierung, Ausgrenzung, Misshandlungen, etc. und all dies hat nichts mit Solidarität zu tun. Dies ist kein Ausrutscher. Hier hat gerade nicht irgendein Typ „aus Versehen“ im Stehen gepinkelt. Einen Staat, sei es die DDR oder sonst ein anderer, macht dennoch vieles mehr aus als Knäste oder wie die schon erwähnte Lohnarbeit. Es sind alle Institutionen und Staatsorgane, wie die Polizei, die Armee, etc.

Es wird zwar immer gesagt, dass die Rote Hilfe keine einheitliche Organisation sei, dass in ihr sehr viele politische Strömungen vorhanden seien, dass sie daher nicht konkret politisch (außer unter dem nichts aussagenden Begriff von linksradikal) zu verorten sei, dies hat sich aber in ihrer letzten Nummer wohl geändert. Die Rote Hilfe hat Fahne gezeigt. Wäre sie ihren eigenen Kredo treu, hätte sie solche Texte nicht veröffentlicht. Dennoch ist es mehr als Wert einer radikalen Kritik. An die Texte und an die RH zugleich.

Da es sich um zwölf Artikel handelt, werden wir sie nicht Stück für Stück abhandeln, sondern ihre Gemeinsamkeit, das Gemeinsame, welches sie enthalten, angreifen. Denn alle Texte in der RHZ zeigen eine durchgehende Begeisterung für die DDR und infolge für den Staat als historische Notwendigkeit um den Alltag von Menschen zu regulieren, der Antagonismus jedes sozial-revolutionären Strebens.
Die wenigen, also die ganz wenigen, Selbstkritiken die im Text erscheinen, sind eher lächerlich und für Revolutionäre die selbst denken können, die Bewusstsein haben eine Beleidigung. Kann sein das Menschen, die nie selber denken mussten, sondern nur die Befehle einer Partei nachgegangen sind, dieses menschliche Attribut nicht kennen, wir sehen dennoch im Bewusstsein und Denken viele Vorteile.
Wie schon oben gesagt, liegt der Hauptton in den diversen Artikeln der RHZ im Versuch die DDR zu rehabilitieren. In diesen zwölf Artikeln, wird dem/der Leser*in versucht zu erklären, wie teuflisch, dämonisch, ungerecht, drakonisch und rachsüchtig in der BRD mit den ehemaligen Staatsbeamten der DDR umgegangen wurde und noch wird. Dass diese verfolgten vermeintlichen Genoss*innen alle nur Verfechter*innen und Verteidiger*innen einer Alternative zum Kapitalismus waren und versucht haben diese aufzubauen und zu verteidigen. Dass sich die Siegerjustiz der BRD quasi von der, der Römer im Bezug auf Karthago im Laufe der Punischen Kriege nicht sehr unterschied. Lustig, weil die Grundsteine der Oktoberrevolution auf der Erschießung von Anarchist*innen und Sozialrevolutionär*innen aufbaute. Obwohl jene einen wichtigen Beitrag für diese Revolution geleistet hatten, sogar einen größeren wie jene, die danach die Sowjetunion gründeten und mit imperialistischen Kriegen9 erweiterten.

Nazischweine, Nazischweine, Nazis wieder in Ostberlin“ (Namenlos)

In keiner Form wird genau analysiert und erklärt, worin sich denn die DDR von der BRD unterschied. Außer im Umgang mit Nationalsozialisten und deren Verbrechen gegen die Menschheit. Ach ja, und die ständige Erinnerung an die politische Gesinnung der DDR. Wobei die entscheidenden Angaben, wie dies genau gewesen sei, alles außer deutlich angegeben werden. Vor allem weil die DDR auch einige Antifaschist*innen in den Knast stecken ließ oder Berufsverbote erteilte, obwohl sie die Vernichtungslager im Nationalsozialismus überlebt hatten.

Wie doch allen klar sein sollte, wurde die DDR von sämtlichen NSDAP, SS und Gestapo Mitgliedern gesäubert. Dass es in der DDR keine Faschist*innen gab, konnte vor allem nach der Wende gesehen werden, als sämtliche aufrechte Kommunist*innen das Land verließen und die ehemalige DDR dem aus Westdeutschland kommenden Strom aus Nazis zum Opfer fiel.

Denn wieso leugnete man Jahre lang in der DDR die Existenz von tausenden von Jugendlichen, die sich dem Nationalsozialismus verbunden fühlten und in Fußballstadien ohne Probleme Hitlergrüße machen konnten, oder warum wurden die ersten Antifa-Gruppen in der DDR von der Stasi überwacht und sogar von jenen antifaschistischen Sicherheitskräften verfolgt, verhört und in einigen Fällen verhaftet? Silvio Meier, der leider jedes Jahr von der radikalen Linken wieder ermordet wird, weil sein Leben und seine Geschichte entleert wird und als Bengalospektakel abgefeiert wird, war auch ein Oppositioneller in der DDR, dem Repression widerfuhr. Der das berühmte Konzert an der Zionskirche mitorganisierte, welches am 17. Oktober 1987 von Ostberliner Nazis10 überfallen wurde. Oder die Repression gegenüber Punks in der DDR von denen viele nur aufgrund ihres Punk seins in den Knast eingesperrt wurden11? Oder all unsere Freund*innen und Genoss*innen, die ihre Jugend und Kindheit in Jugendwerkhöfen und Knästen verbrachten? All dies leugnet die letzte Nummer der RHZ. Sie schmettert diese Kritik an die Herrschaft in der DDR als antikommunistisch ab. Dann freuen wir uns auch sehr, solche zu sein.

Die Justiz der DDR, wie jede andere, holt ihre Logik und ihren Ursprung aus der Herrschaftsjustiz und -logik. Diese, die sich nur durchsetzt um ihre eigenen Interessen zu legitimieren. Auf dieser qualitativen Ebene ist die Justiz im jeden Staat dieselbe. Genauso in der DDR wie in der BRD. Der Ursprung der Idee der Justiz ist kein Zufall. Genauso wenig wie die des Rechtes. Waren denn dies nicht in der Antike Eingriffe in den Alltag, um Herrschaftsfragen oder Eigentumsfragen zu lösen? Ist denn Justiz und Gerechtigkeit nichts anderes, als ein Traum von Gleichheit an Chancen für die Armen und Aussätzigen mit denen sie von den Herrschenden beschwichtigt werden sollen?

Auch wenn die DDR und anschließend alle Länder innerhalb des Warschauer Vertrages immer wieder als eine sozialistische Antwort auf die kapitalistische Barbarei vorgestellt wird, wird an keiner Stelle in allen Artikeln über die Bedingungen der Arbeiter*innenklasse in der DDR geschrieben. Worin sich faktisch und empirisch die DDR in ihrer Ausbeutung und Unterdrückung von der BRD unterschied.

Wo diese doch wie in allen kapitalistischen Ländern auf der Welt (ob sozialistisch oder nicht) gleich geblieben ist. Das die Entfremdung der Lohnarbeit im Sozialismus, sich nicht von der in den westlichen Ländern unterschied. Der Klassencharakter der Produktionstechnik, dass die Technik bürgerlich ist, weil sie im Hinblick auf das Produkt entwickelt wird – bzw. in Funktion zum Markt unter dem Kapitalismus – und nicht im Hinblick auf die Produzent*innen. So wie sie ist, trägt sie dazu bei, die Arbeiter*innen zu entfremden und von ihrem Produkt zu trennen. Die Arbeitskraft blieb eine Ware die das Proletariat an den Staat verkaufen musste. Im Tausch gegen ihre Arbeitskraft bekamen auch sie einen Lohn, mit dem sie sich Waren leisten konnten. Dies macht eine Klassengesellschaft aus, dies ist ihre Essenz und Gestalt. Billig und widerlich ist es, dies weiterhin zu leugnen, vor allem mit der immer wieder ausgesprochenen Floskel, alles sei Staatseigentum und alle Menschen in der DDR wären der Staat.

In einer Gesellschaft, in der die Klassen aufgehoben wurden, werden die materiellen Notwendigkeiten dieser durch die Produzent*innen bestimmt. Dies zusammengezogen mit einer Neugestaltung der Produktion überhaupt. In der DDR, wurde die Produktion von oben herab verordnet. Es war ein vertikales Entscheidungssystem.

Die DDR war nicht ein schlimmerer oder besserer Staat wie alle andere. Die DDR war ein weiterer Staat, dessen Aufgabe es war die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen zu verwalten. Aus dieser Realität gehört dieser kritisiert und angegriffen. Der Versuch einer kapitalistischen Linke diesen zu legitimieren, egal wie viel man Marx zitiert, zeigt mal wieder wie vielseitig Herrschaft und Kapitalismus sich auszudrücken wissen. Viel zu oft konnte in den letzten Jahren gesehen werden wie durch den anti-imperialistischen Kampf, genauso wie durch ihre Gegner*innen, die nicht besser drauf sind, dass der Kampf gegen den Kapitalismus und seinen Staaten als soziale Beziehung aufgegeben wurde. Der Anti-imperialismus zielt auf einen oder mehrere Länder die das „Böse“ verkörpern sollen, so wird der Kapitalismus und die Logik der Staaten in weniger entwickelten Ländern gerechtfertigt. So banal und so einfach ist es aber. Kein Verständnis und keine Wahrnehmung für das, was der Staat ist und was nicht.

Die Lohnarbeit ist immer Ausbeutung. Die Arbeitsbedingungen sind selbstverständlich für einen Arbeiter in einem schwedischen Restaurant besser als, zum Beispiel, für ein Kind welches in einer Schuhfabrik in China arbeitet. Das Problem aber ist, dass es nur eine Welt gibt, wo die Bedingungen und die Ausbeutung der Arbeiter in Schweden und China miteinander verbunden sind. Wenn jemand das Verändern der Welt ernst nimmt, dann soll die Basis von dem das Kapital abhängig ist angegriffen werden: die Lohnarbeit.“ (Kämpa Tillsammans!, „Hamburger vs. Wert“)

Das Problem der Artikelreihe in der RHZ ist unter anderem, dass eindeutig gesagt wird, dass das Problem nicht der Staat als Verwalter der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ist, dass das Problem nicht ist, wie Hobbes12 sagte, der Mensch an sich bräuchte immer eine Herrschaft, sondern dass das Problem sei, wer den Staat aufbaut und gestaltet und wie dies passiert.

Hinsichtlich dieser politischen Einstellung ist es klar, dass mittels eines starken sozialistischen Staates die Polizei, die Repression, Gesetzte, Richter, Knäste, sogar die Armee immer besser sei. Aber dennoch sollte es keine Rolle spielen falls die DDR doch das beste Land auf der Welt gewesen wäre, weil es dennoch ein Staat war und als solcher seine Interessen immer durchsetzten musste.

Die revolutionäre Ideologie, d.h. die Kohärenz des Getrennten- dessen größte voluntaristische Anstrengung der Leninismus bildet-, die die Verwaltung einer Realität innehat, die sie abweist, wird mit dem Stalinismus wieder zu ihrer Wahrheit in der Inkohärenz gelangen. In diesem Augenblick ist die Ideologie keine Waffe mehr, sondern ein Ziel. Die Lüge, die nicht mehr widerlegt wird, wird zum Wahnsinn. In der totalitären ideologischen Proklamation ist die Realität ebenso wie der Zweck aufgelöst: alles, was sie sagt, ist alles, was ist. Sie ist ein lokaler Primitivismus des Spektakels, dessen Rolle jedoch in der Entwicklung des Weltspektakels wesentlich ist. Die Ideologie, die sich hier materialisiert, hat nicht die Welt wirtschaftlich verändert, wie der zum Stadium des Überflusses gelangte Kapitalismus: sie hat lediglich die Wahrnehmung polizeilich verändert.“ (Guy Debord, die Gesellschaft des Spektakels)

Die Interessen eines Staates, auch wenn sich dieser als Arbeiter- und Bauernstaat schmückt, folgt den Interessen der jeweiligen herrschenden Klasse, in diesem Falle die Partei an der Macht und der Staatsapparat. Denn auch das Staatseigentum hat sich erwiesen, als irgendetwas was nichts mit der Idee des Kommunismus zu tun hat. Dieser würde durch allgemeines und kommunales Eigentums ausgemacht werden, was dann im Besitz aller Menschen wäre. Der Staatskapitalismus ist nur Kapitalismus in welchem das Privateigentum durch das Eigentum der Bürokratie des Staates ersetzt oder nur kombiniert wird. Besitzen die Ausgebeuteten mal wieder nichts ausser ihre Arbeitskraft, die sie verkaufen müssen falls sie nicht verrecken wollen.

Ein Land, das als solches sich auch als Nation auszudrücken wusste und bei dem der berühmte proletarische Internationalismus sich als eine weitere Phrase und Farce entpuppen musste. Denn über die Migration in der DDR und wie vorbildlich sie war, wird leider auch nichts erwähnt. Um die 100.000 sozialistische Brüder und Schwester aus anderen sozialistischen Ländern mussten in Heimen eingepfercht leben, mit so wenig Kontakt wie möglich zu der restlichen Bevölkerung. Und dies auf Zeit. Länger wie zwei Jahre durfte keine bleiben. Die DDR interessierte sich einen Scheissdreck um die Brüder und Schwestern, denn sie kamen nur um zu malochen. Dies erinnert uns doch sehr stark an die Gegenwart.

Als Anarchist*innen und nicht als Linke sehen, agitieren, analysieren, kritisieren, bewegen und äußern wir uns. Gerade deswegen haben wir auch keinen Sinn darin gesehen, die DDR oder die RH als autoritär zu kritisieren. Diese Eigenschaft, leider viel zu verbreitet unter Anarchist*innen, würde die Kritik an Staaten und Gruppen entwaffnen, da sie moralistisch ist und gerade irreführend. Die Kritik z.B., der ABC Dresden an die RHZ schrieb unter anderem über „autoritäres Gedankengut“. Über dieses Thema sind wir schon weit hinaus. Im Gegenteil empfanden wir den Text der RH Dresden zu diesem Thema als sehr inspirierend, ausführlich und geistig reif. Aber auch die Genoss*innen der RH Dresden verfehlten wichtige Kritiken. Wir sehen es nicht als unsere Aufgabe an, die RH bei ihrer ideologischen Geisterfahrt zur Gesinnung zu rufen. Dies zu machen wäre, nur an einem Zirkus teilzunehmen. Eigentlich finden wir es wunderbar, dass die RHZ solche Texte veröffentlicht hat. Unsere Aufgabe ist jene falschen Kritiker*innen zu entlarven und zu demaskieren. Sie der Welt als Feinde der Befreiung und Freiheit zu präsentieren. Daher wäre es nur peinlich von uns, der RH eine helfende Hand zu reichen.

In diesem Sinne rufen wir sämtliche Anarchist*innen als auch andere Revolutionäre auf, aufgrund der Konsequenz und Kohärenz mit ihren anarchistischen und revolutionären Ideen mit der Roten Hilfe zu brechen und deren Dienstleistung nicht mehr opportunistisch zu benutzen. Denn nichts anderes ist die RH. Die Rote Hilfe gibt sich als eine pragmatische Notwendigkeit aus um Repression zu erleichtern und in ihren Reihen sind Gruppen, die die Notwendigkeit von Knästen verteidigen. Es kann nicht behauptet werden, dass die RH mit ihrer Praxis, DDR Gewixe hin oder her, Repression bekämpft. Denn jene, die Repression bekämpfen, stellen den Staat und den Kapitalismus als ganzes in Frage um diesen aufzuheben. Die Rote Hilfe ist nicht unparteiisch und strömungsübergreifend, sie war es auch nicht vor dieser Textreihe. Dennoch tut es uns sehr für all jene leid, die in der RH eine radikale Organisation sehen, die Verhältnisse verändern könnte, spätestens jetzt sollte der Schleier gefallen sein. Mögen Gruppen in der RH vorhanden sein, die dies auch kritisch sehen. Aber entscheidend ist das Verhalten, die Schritte, die Praxis, die aus einer Kritik entstehen, damit sie auch vollständig ist.
Viele andere Kritiken an der DDR gäbe es noch zu erwähnen. Sei es der Umgang mit Homosexuellen, Frauen, Indoktrinierung von Kindern etc., auch wir haben nur einiges angeschnitten und uns auf die Kritik an der DDR als ein kapitalistischer Staat konzentriert. Aus dieser Realität heraus hat und musste die DDR als ein kapitalistischer Staat handeln und nicht aufgrund einer Reihe von reaktionären Ideologien13. Durch eine gesellschaftliche Analyse und Kritik werden alle Bereiche des Lebens angedockt, sowie alle die in ihnen leben, egal ob jung oder alt, egal welches Geschlecht, Herkunft oder Sexualität.

Knäste sind ein Bestandteil der herrschenden Logik und Realität, um den sozialen Frieden durch die Staatsgewalt als Gewaltmonopol, durch Gesetze, repressiven Behörden und vielen anderen aufrecht zu erhalten. Dies sind keine Bestandteile einer befreiten Gesellschaft, die ihre Konflikte, Widersprüche und Probleme zu lösen weiß, sondern nur einer, die sie ignoriert in dem sie sie wegsperrt und wie im Falle der DDR es billig als ein westliches Phänomen erklärte.

Die Kritik darf niemals vor nichts halt machen, wir kennen keine Tabus. „Der Kommunismus (durch die Anarchie, fügen wir hinzu) ist kein Endziel, sondern die Bewegung die den erniedrigenden Zustand der Gegenwart aufhebt. Er bedeutet die Aufhebung von Lohnarbeit, Markt, Wert, Geld und Tausch. Er ist das Ende der Staaten und Nationen, die Realisierung der menschlichen Weltgemeinschaft14.“

Wir befinden uns in offener Feindschaft mit dem Bestehenden, seinen Verteidigern und seinen falschen Kritikern15
Gegen die Trennung zwischen denken und handeln!
Weder Mythen noch Avantgarden, weder Gewerkschaften noch Parteien!
Die Habenichtse brauchen keine Führer *innen und Held*innen um sich zu befreien!
Nieder mit der DDR und der BRD, für eine staatenlose Welt ohne Kapitalismus!

 

1Jugendwerkhöfe waren Heime für Kinder und Jugendliche, die als schwer erziehbar galten. Dort wurden sie zu sozialistischen Menschen umerzogen und schwerer körperlicher Arbeit unterzogen. Viele wurden dort auch misshandelt, tagelang in Dunkelkammern, sowie in Zellen als Strafe eingesperrt. Der berühmteste war in Torgau, welches auch eine geschlossene Einrichtung war und als Knast für Kinder und Jugendliche bezeichnet werden kann.

2Robert Havemann

3Rote Hilfe Zeitung 4.2016, z.B. Seite 28;43

4Ebenda, Seite 24

5Ebenda, Seite 30

6Ebenda, Seite 24

7„Das Problem der Weigerung der Arbeiter, sich in den Institutionen wiederzuerkennen, die sich auf sie berufen (…)“, Benno Sarel, Arbeiter gegen den „Kommunismus“, zur Geschichte des proletarischen Widerstandes in der DDR (1945-1958), Trikont Verlag

8Adolf Henneke war einer der ersten „Helden der Arbeit“ in der DDR. Dienstverzeichnung für „vorbildliche Arbeit“. Er förderte 300% mehr Kohle an einem Tag aus dem Schacht, wo er arbeitete, als nötig. Gilt heutzutage in Ostdeutschland unter Arbeiter*innen als Beleidigung untereinander wenn man zu schnell arbeitet.

9Zum Beispiel der Krieg gegen Finnland, die Annektionen von Estland, Lettland und Litauen.

10Im Wahn eines möglichen Imageverlustes, konnte die DDR nur darüber reden als wäre alles von Westberliner Nazis organisiert worden

11Unzählige Bands, eine der bekanntesten war Namenlos, die durch ihre sehr radikalen politische Texte schnell ins Visier des MfS gerieten. Die Bandmitglieder verbüßten längere Haftstrafen für ihre Texte.

12Thomas Hobbes 1588-1679, Entwickler der Idee des modernen Staates

13„Ideologien nach wie vor verstanden als eine starre, verzerrte, dogmatische, verdinglichte, idealisierte, unbewegliche Sichtweise der Realität und Dinge. Ein „notwendig falsches Bewusstsein“, weil es seinem Grund, der abstrakten Allgemeinheit seiner Verhältnismäßigkeit unmittelbar Folge leistet, ohne die Verkehrung in der Vermittlung seiner Lebensverhältnisse zu erkennen. Denken und Verstehen, was sich nach all den Regeln der Waren verhält und artikuliert. Aus ihr kann keine revolutionäre Praxis entstehen, denn sie sieht alles durch ihr falsches Bewusstsein. Sie ist die Ausschaltung der Praxis, die Entfremdung der Theorie als eine getrennte Tätigkeit. Die Ideologie ist das künstliche Auge der Macht, durch das als noch lebend erscheint, was bereits tot ist, was bereits zur Ware gemacht wurde.“ (Ratgeb)

14Programmatische Thesen des Kommunistischen Zirkels

15https://translationcollective.wordpress.com/2010/04/22/in-offener-feindschaft-mit-dem-bestehenden-seinen-verteidigern-und-seinen-falschen-kritikern/

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