(Grupo Ruptura) Für eine revolutionäre Autonomie

Hier ein Artikel aus der Publikation der gleichnamigen Gruppe Grupo Ruptura aus Madrid, aus dem Jahr 2007, aus ihrer ersten Ausgabe. Diese Gruppe entsprang aus jener aufständischen Jugend und Zeit, die die Stadt in den 1990ern prägte. Wir werden einige ihrer Texte veröffentlichen, weil sie vor langer Zeit übersetzt wurden, und wir sie endlich veröffentlichen wollen, irgendwie interessant auch, auch wenn wir nicht alles teilen. Wie man sehen kann, wir finden, dass wir nur interessante Texte veröffentlichen, ob dies noch wem auch auffällt? Prost. Apropos, die Übersetzung ist von uns.


Für eine revolutionäre Autonomie

Am Ende des ersten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts und inmitten der Folgen der proletarischen Niederlage der 1970er Jahre mit der vollständigen Überflutung des Lebens durch Waren und der Zersetzung und Zerlegung des Widerstands der Arbeiter gegen den Kapitalismus stellt sich die Frage: Was tun? Wie auf einen immer gefräßigeren und zersetzenden Kapitalismus reagieren? Zunächst einmal glauben wir, dass es notwendig ist, die bisher eingenommenen Positionen neu zu konfigurieren und mit vielen der Klischees sowohl der so genannten anarchistischen Bewegungen als auch der so genannten revolutionären Linken zu brechen, um die nützlichen beizubehalten und die unbrauchbaren zu zerstören, da wir als Ausgebeutete die gültigen und revolutionären Elemente jedes einzelnen historisch analysierten, glauben wir, dass das revolutionäre historische Projekt nur ein einziges ist und noch materialisiert werden muss. Wir haben keine Angst vor der Revolution und wir werden nicht dasitzen und darauf warten, dass sie kommt, und wir werden sie auch nicht an uns vorbeiziehen lassen, wenn sich die Gelegenheit bietet, indem wir uns auf die Gesetze der Mehrheit berufen.

Dass die Arbeiterklasse heute nicht anwesend ist, ist mehr als klar, und dass sie nicht anwesend ist, bedeutet nicht, dass sie nicht existiert, jeder, der arbeitet, weiß das, natürlich geht die Lohnausbeutung weiter, aber die Ware hat Geschmack und Gewohnheiten vereinheitlicht, und das Bewusstsein, einer faden Mittelklasse anzugehören, hat den Raum geleert, in dem die Kämpfe enthalten waren, und für eine bessere Ausbeutung die Individuen isoliert. Mit der Auflösung der Orte der Klassenkonfrontation, wie Fabriken und klassische Arbeiterviertel, wird die Zeitarbeit im tertiären Sektor zu einer der wertvollsten Handelswaren.

Während die traditionelle Linke weiterhin an das Paläolithische appelliert, indem sie die privilegierten Überreste der gewerkschaftlich organisierten Arbeiterklasse aus früheren Stadien meist staatsabhängiger Produktionsweisen unterstützt, wie die Kämpfe auf den Werften, die Beamten usw., die zutiefst unsolidarisch sind, sogar mit ihren Kollegen die nicht ihre Arbeitsbedingungen teilen, wie Leiharbeiter, oder Angestellte die keine Beamte sind… Wir müssen uns mit den Begriffen befassen, die auf die Existenzbedingungen eines heutigen Proletariats hindeuten, das Bewusstsein in der formlosen Masse isolierter Individuen erlangt, in der Leiharbeit, in der Pauperisierung der Arbeitsverhältnisse, in bestimmten Bereichen der Immigration…

Die leninistischen Thesen sagten uns: „Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben.“, für uns ist die Revolution das endgültige Ergebnis des täglichen Kampfes der Arbeiter. Für sie ist der Ausgangspunkt der Diskussion nicht der Klassenkampf, sondern die Revolution. Es ist nicht wahr, dass es ohne eine revolutionäre Theorie keine revolutionäre Praxis gibt, wir sehen es ständig, auch ohne das Bewusstsein kann man revolutionär handeln, denn für die neuen Gesellschaftsschichten, die bereits beginnen zu erscheinen, deren objektive Bedingungen beginnen, jeden Tag mehr Bereiche der Gesellschaft zu betreffen, ein Beispiel dafür ist die Senkung der Lebensbedingungen, die durch den Preis der Wohnung im Verhältnis zum Preis des Verkaufs unserer Arbeitskraft gekennzeichnet ist. Wir denken, dass sie das Proletariat bilden, das den dritten Ansturm auf die Klassengesellschaft bilden wird, denn es ist klar, dass sie keine revolutionäre Theorie haben, aber sie werden sich mit der Ausdehnung ihrer Kämpfe damit ausstatten, und es ist die Aufgabe der autonomen Gruppen, die sich unter dieser neuen Form der Ausbeutung organisieren und sich von innen heraus mit einer Theorie ausstatten, die das historische Projekt der Revolution aufnimmt, indem sie von den veralteten und unbrauchbaren Formen der Vergangenheit ebenso lernen wie von den Elementen, die Klarheit bringen können, ohne in Substitutionen oder in Avantgardismus zu verfallen.

Der Prüfstein wird der Konflikt sein, in ihm zeigt jeder sein wahres Gesicht hinter den Reden und in ihm wächst auch das Bewusstsein sprunghaft an, eine effektive Aufgabenverteilung wird wesentlich sein, um Konflikte zu beeinflussen oder zu schaffen, und nicht zwischen politischen und ökonomischen Aufgaben zu trennen, ist die wichtigste historische Lektion, die wir aus der angestrebten Revolution ziehen müssen.

Wir müssen wieder anfangen, Organisation zu schaffen, jede Gruppe auf ihre Weise, aber mit einem Ziel vor Augen: die vergessene Revolution. Wir glauben, dass die Mittel, mit denen wir uns diesem Ziel nähern, vielfältig sind, aber vor allem sind wir uns darüber im Klaren, dass sie weit entfernt sind von jugendlichen Folklorismus, von unreflektiertem Praktizismus, von postmoderner Ästhetik und Vokabular, von der Exklusivität des antirepressiven Kampfes und von der Unterstützung von Bereichen, die dem, was wir als revolutionäres Subjekt entwickeln wollen, fremd sind. Nehmen wir die Analyse der Konflikte um uns herum wieder auf und bewerten wir, ob sie den Keim haben, wie klein er auch sein mag, der unsere Unterstützung verdient, und nehmen wir die Tradition der direkten Aktion (die, weit entfernt von der Anwendung von Gewalt als Mythos, nicht mehr oder weniger ist als die Lösung von Konflikten ohne Vermittler) in ihren vielfältigen Wegen und Formen wieder auf. Fangen wir sofort an, die autonomen Gruppen zu gründen, die es uns erlauben, uns auf wirksame Weise zu artikulieren und das Hau-Ruck Handeln1 zu verlassen, die Revolution wird nicht morgen kommen und hängt nicht nur von unserem Handeln/Aktion ab, so wie sie auch innerhalb des Kapitalismus nicht unvermeidlich ist, aber wenn wir uns nicht auf den Weg machen, ist es sicher, dass wir sie nie verwirklichen werden. Erweitern wir die Solidarität und handeln wir gemeinsam mit ähnlichen Gruppen, die bereits existieren oder dabei sind auf der Grundlage eines klaren gemeinsamen Ziels der Ablehnung des Kapitals und seiner falschen Gegner zu entstehen, auch wenn sie manchmal physisch noch neben uns in einer Versammlung sind (A.d.Ü., die falschen Gegner).

Lasst uns in Kontakt treten und Verbindungen zwischen uns schaffen, das ist die einzige Möglichkeit, die wir haben, um etwas zu bewirken und nicht bei den ersten Schlägen zu fallen.

Unsere Aktionslinien zur Verbreitung und zum Handeln können mehrere sein und nicht deswegen die einzige:

– Die direkte Organisation der Arbeiter und alles, was sie fördert und anregt, sowie ihre Ausdrucksformen.

– Versuchen die Klassenkonflikte zu radikalisieren, aber mit den Füßen auf dem Boden, da wir das Haus nicht vom Dach aus bauen können. In dem Moment, in dem wir uns befinden, wird die (immer schädliche) Anwesenheit der Gewerkschaften für uns keine allzu große Rolle spielen, wenn man die Eigenschaften jedes Konflikts und das, was darin gefordert wird, berücksichtigt. Verkürzung der Arbeitszeit, Verbesserung der hygienischen Bedingungen…

– Egalitarismus und die Ablehnung von Kategorisierungen der Forderungen der Arbeiter und dies als Symptom/Folge für die Entstehung von Klassenbewusstsein.

– Wohnen nicht als Streben nach Privateigentum, sondern als Notwendigkeit, wenn es nur um den Gebrauchswert geht. Die Unterstützung politischer Hausbesetzungen, wenn sie ein subversives Element und kein staatsbürgerliches Bestreben sind.

– Der Kampf gegen die Schädlichkeit und für die Gesundheit, die Lebensmittel, gegen die gentechnisch veränderten Organismen, für die Nutzung des Wassers und gegen seine Entsorgung durch die Hotel- und Gaststättenbourgeoisie.

– Der Kampf gegen den stupiden Konsum, ohne in den verlogenen Anti-Konsum zu verfallen, der uns nur immer mehr von unseren Mitmenschen entfernt und eine isolierende Ästhetik schafft.

– Der Kampf gegen die faschistischen Straßenkräfte, so wie es ist, eine Machtdemonstration gegen ein paar hirnlose Leute und nicht mehr, ohne ihnen mehr Bedeutung zu geben, als sie haben, und ohne alles, was uns umgibt, als Faschismus zu bezeichnen, was die Aufmerksamkeit vom wahren Feind ablenkt: der bourgeoisen Demokratie, die wir genießen.

– Die Enteignung derer, die uns enteignen. Die kollektive Wiederaneignung der Waren der Notwendigkeit, die uns verweigert werden, und die Verweigerung ihres Tauschwerts für ihren primären Gebrauch ist eine Waffe, die, gut eingesetzt, ein gutes zündendes Element sein kann.

– Die Lokalisierung der Gruppen außerhalb der für die Ästhetik und das „Pseudo“ typischen Unterhaltungs- und/oder Treffpunkte ist etwas Grundlegendes, um ein revolutionäres Projekt voranzutreiben.

– Es ist notwendig, deutlich zu zeigen, dass es unmöglich ist, den Kampf für soziale Forderungen in der Sphäre der Legalität aufrechtzuerhalten.

– Die Ablehnung der Lohnarbeit als Negation des freien Lebens, unter Berücksichtigung der kapitalistischen Erpressung und ohne deswegen die Arbeiter geringzuschätzen, was eine sehr schädliche Strömung ist, die man in den pseudoradikalen, meist jugendlichen Milieus hört.

– Ablehnung der Sozialdemokratie, der Gewerkschaften und der Garanten2 des Staates als Form der Umverteilung des Reichtums und als Überbau, der Ausbeutung garantiert und soziale Klassen erzeugt.

– Die Ablehnung der Isolation und der Diskussion in den politischen Kreisen oder Kämpfen, die uns interessieren.3

– Der Internationalismus.

– Die Kämpfe gegen die Kommunikationsmittel, die die kapitalistische Zirkulation vereinfacht.

– Der Kampf gegen Gefängnisse.

Entlang dieser Linien können wir beginnen, zu unterscheiden, was wir tun wollen und sollen und was uns überhaupt nicht interessiert, sowie beginnen, ein klares Programm zu erkennen, das versucht, Klarheit zu schaffen, und das verbreitet werden kann, weg von verwirrenden Ideen und dem Mangel an etwas Klarem, das man den Menschen sagen kann, wenn kapitalistische Spannungen und/oder Krisen auftreten.

Für die Abschaffung der Gesellschaft die die Klasse kontrolliert.

Für den Kommunismus, für die Anarchie. Für den Bruch (Ruptura).

1A.d.Ü., im Originaltext ist die Rede von inmediatismo was eine „eine schnelle, unreflektierte Art des Denkens und Handelns, die nur die unmittelbarsten Ereignisse berücksichtigt“ bedeutet.

2A.d.Ü., z.B., Wohlfahrtsstaat, Soziale Hilfe, Hartz IV…

3A.d.Ü., diesen Satz haben wir auch nicht verstanden, ist zu unklar, dieser ergibt keinen Sinn, hier auf Spanisch: „El rechazo a su vez del aislamiento y de la discusión en los ámbitos políticos o de lucha que nos interesen.“

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