(Spanischer Staat) Sozial-geschichtliche Einführung in die Bewegung der Arbeiterautonomie

Hier ein kurzer Text zu der Geschichte der Autonomen Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung, oder Arbeiterautonomie, oder Arbeiterinnen- und Arbeiterautonomie, im spanischen Staat, dieses Thema wird uns in kommender Zukunft auch sehr beschäftigen. Der Text wurde in der anarchistischen Publikation aus dem Baskenland Ekintza Zuzena veröffentlicht, die Übersetzung ist von uns. Sollte als ein kurzer Abriss dieser Epocha angesehen werden die von 1960 bis in die 1980er andauerte.


(Spanischer Staat) Sozial-geschichtliche Einführung in die Bewegung der Arbeiterautonomie

Veröffentlicht am 19.10.2004

Der Hintergrund der autonomen Bewegung lässt sich bis in die 1960er Jahre zu den ersten Kämpfen in den Fabriken zurückverfolgen, die die ersten Momente sind, in denen ein artikulierter Widerstand gegen die Diktatur entstand. Die Konstituierung des CCOO1 als Ergebnis dieses autonomen Prozesses muss in Frage gestellt werden, da sie stark von der Taktik der damaligen kommunistischen Partei beeinflusst war. Das heißt, die KP schlug vor, in die vertikalen Gewerkschaften/Syndikate2 einzutreten und die Selbstorganisation von Basisbewegungen zu fördern, vor allem in den Bergwerken; insbesondere in der Camocha-Mine, wo die erste comisión obrera (A.d.Ü., Arbeiterkommission) entstand, die Promotoren, wenn auch nicht alle, waren mit der kommunistischen Partei verbunden. Aber auf jeden Fall gab es diesen Keim der Spontaneität. Ende der 1960er Jahre, als die comisiones obreras bereits gebildet waren, begann eine Erosion und es kam zu politischen Spaltungen innerhalb des stalinistischen Rahmens, wie etwa einigen maoistischen Abspaltungen, aber auch Abspaltungen autonomer Tendenzen. Es gab eine Infragestellung der Form der gewerkschaftlichen/syndikalistischen Vertretung, der Unterwerfung unter die Partei, eine Selbstbestätigung der Arbeiter und die Verteidigung der Vollversammlung als grundlegendes Element der Vertretung. So gab es in den 1970er Jahren eine ganze Reihe von spontanen Bewegungen. In verschiedenen Städten (Vigo, Ferrol, Pamplona,…) wurden Generalstreiks ausgerufen, die oft mit Todesopfern endeten, weil die Angriffe der Polizei mit Schusswaffen durchgeführt wurden. Die Aufrufe zu Generalstreiks wurden oft vom politischen Apparat unterstützt, in dem die KP zu dieser Zeit eine hegemoniale Stellung einnahm, aber es handelte sich nicht um Bewegungen, die von der KP monopolisiert wurden, sondern es gab ein sehr hohes Maß an Spontaneität, was zur Entstehung dieser anderen Kerne führte, die die Führung und die mit der KP und der CCOO verbundenen Organisationsformen in Frage stellten.

In der ersten Hälfte der 1970er Jahre entstand ein allgemeines Klima der Unregierbarkeit und Radikalisierung der Kämpfe. Mit anderen Worten: die Repression hatte zur Folge, dass die Kämpfe jenseits der Prognosen der politischen Führer der Opposition weitergingen. Dies führt zu einer Dynamik, in der es eine reale Situation der Unregierbarkeit von Seiten des Staates gibt. Hinzu kommt die innere Zersetzung des Spätfranquismus selbst, in dem es sogar einige sehr wichtige Geschäftsleute wie Duran Farell und die Vorsitzenden einiger Arbeitgeberverbände (die modernsten und dynamischsten Fraktionen des Kapitals) gibt, die für eine demokratische Öffnung und die Anerkennung der Gewerkschaften/Syndikate eintreten. Vor allem Duran Farell nahm Kontakt mit der CCOO auf und bot ihr trotz ihres klandestinen Status die Anerkennung als Vertreterin der Gewerkschafts-, Syndikatsordnung an. Tatsache ist, dass es in all diesen Jahren, fast bis Ende der 1970er Jahre, einen Zyklus gab, in dem die Produktivität systematisch hinter den Lohnsteigerungen zurückblieb. Das ist der allgemeine Trend und trägt zur Verschärfung der politischen, ökonomischen und sozialen Krise bei, in der sich der spanische Staat befindet. In der Opposition befinden sich die KP und die CCOO in einer ziemlich schwierigen Gleichgewichtssituation, denn sie sind die einzigen Entitäten, die sich in der Opposition artikulieren, über ein gut etabliertes Netzwerk verfügen und eine echte Aufruf- und Mobilisierungsfähigkeit haben, wenn auch eine Minderheit, denn die Opposition gegen den Franquismus war nicht so groß, wie die Journalisten uns glauben machen wollen. Aber diese Mobilisierungsfähigkeit ist darauf beschränkt, auf die Mobilisierungsfähigkeit, denn danach ist die Rekuperation des Konflikts nicht mehr so klar, und die Kontrolle der Situation gerät meist außer Kontrolle.

Das ist eine weitere Charakteristik dieser Zeit: die etablierten politischen Apparate, auch wenn sie in der Klandestinität arbeiten, leiten die Kämpfe ein, aber die Kämpfe werden nicht von diesen Apparaten selbst geführt; wenn ein Streik ausgerufen wird, gibt es immer ein paar Überbleibsel oder er dauert länger als die Zeit, die von den Verwaltern der politischen Opposition geplant war. Das bedeutete, dass die KP und die CCOO ständig ein Spiel der Kontrolle spielten und versuchten, einerseits Bewegungen zu fördern, die Druck auf den zerfallenden Apparat des Spätfranquismus ausübten, und andererseits dass es ihnen nicht links aus den Händen glitt, sie befanden sich in einer kompromittierenden Position und es entstanden manchmal sehr kuriose Situationen.

Als Folge dieser allgemeinen Arbeitsdisziplinlosigkeit, vor allem in den Industriezentren, erließ die Regierung 1975 ein Dekret zur Lohnregulierung, das die eigentliche Schwäche des Regimes zeigte, denn es war ein Dekret, das versuchte, die Arbeiterklasse zu disziplinieren und insbesondere die Lohnerhöhungen zu kontrollieren, und das Gegenteil geschah: es kam zu einem Ausbruch, der das Dekret in jeder Hinsicht überrollte. Die praktische Realität der Bewegung geht über die Ansprüche und sogar über die Repressionsfähigkeit des Staates und die Organisationsfähigkeit der Opposition selbst hinaus. In dieser Zeit (zweite Hälfte der 1970er Jahre) kam es zu Konflikten in Castellón, in der Bauindustrie in Madrid, in der Madrider U-Bahn, in Roca, in der Schuhindustrie in Alicante, bei Renault in Valladolid und in Vitoria im Baskenland. Es ist merkwürdig, weil die Zusammensetzung der Arbeiter sehr unterschiedlich ist. Die Arbeiter in Valladolid sind Menschen, die in der fordistischen Automobilkette gearbeitet haben. In Alicante hingegen wurde die Schuhproduktion in die Familien verlagert; es handelt sich um Heimarbeit, bei der die Herstellungsprozesse von Schuhen und Turnschuhen ausgelagert werden. Bei diesen Konflikten gibt es sehr starke Bewegungen, mit Vollversammlungen, ich erinnere mich zum Beispiel an die, die in einem vollen Fußballstadion in Alicante stattfand. All dies geschieht gleichzeitig mit den beschleunigten Kontrollversuchen der politischen Opposition. Das Geld von der Ebert-Stiftung war bereits eingetroffen, die PSOE war in aller Eile aufgebaut worden und sowohl die KP als auch die PSOE versuchten, einen Pakt mit den franquistischen Verfechtern einer Öffnungspolitik (Suárez) zu schließen. All dies geschah in großer Eile und in einem sehr schnellen Prozess, der von wachsender Disziplinlosigkeit und Unregierbarkeit geprägt war.

Der März 76 war der Wendepunkt für die autonome Bewegung, der Vitoria war. In Vitoria zeigte sich bereits ein deutlicher Ausdruck der Repression, ein klarer Versuch, die undisziplinierten autonomen Sektoren mit Maschinenpistolen zu terrorisieren und ein Klima des Schreckens zu schaffen. Zur gleichen Zeit bereiteten die Gewerkschaften/Syndikate in der Klandestinität, CCOO und UGT, einen symbolischen Kampftag im November ’76 vor. Damit wollten sie zeigen, dass sie in der Lage waren, die Arbeiterbewegung zu kontrollieren, dass sie in der Lage waren, den sozialen Konflikt zu verwalten und dass sie (A.d.Ü., gemeint ist die Arbeiterbewegung) deshalb als Druckmittel dienten, um den Pakt, die Gespräche, die die demokratische Opposition, die demokratische Plattform und die demokratische Junta – die sich bereits zusammengeschlossen hatten – mit den reformistischen Franquisten unter der Führung von Suárez führten, zu beschleunigen. Das ist ziemlich bedeutsam, denn es ist ein taktischer Wechsel auf Seiten der CCOO und UGT, ein Wendepunkt, denn sie gehen vom Aufruf zum Streik zur Institutionalisierung des Kampftages über: ein Tag der Demonstration der Stärke angesichts der Verhandlungen. Das geht gut oder schlecht für sie aus: an einigen Orten wird dieser Tag zu mehreren Tagen und in einigen großen Industriezentren zu einem viel akzentuierteren Bruch, in dem die Rolle der Gewerkschaften/Syndikate, die noch aus der Klandestinität aus agieren, als direkte Feinde der Interessen der Arbeiterklasse deutlich wird. Es erleichtert und legitimiert jedoch in gewisser Weise das Eingreifen des staatlichen Repressionsapparats gegen die autonomen Bewegungen, denn die Gewerkschaften/Syndikate der Ordnung, CCOO und UGT, beginnen bereits explizit den Diskurs der Denunziation gegen die „Provokateure“, mit den allseits bekannten Klischees gegen diejenigen, die den Parolen aus ihren Entscheidungszentren nicht gehorchen.

1978 hatten bereits die ersten Wahlen stattgefunden, der pacto de Moncloa3, ein ökonomischer, politischer und sozialer Pakt, der von den politischen Apparaten, darunter auch der KP, unterzeichnet wurde, wurde nun legalisiert. Die Gewerkschaften/Syndikate haben ihn nicht unterzeichnet, weil es sich um ein rein politisches und nicht um ein gewerkschaftliches/syndikalistisches Abkommen handelte, aber sie haben öffentlich zur bedingungslosen Unterstützung dieses Paktes aufgerufen. Was die Arbeitsbeziehungen angeht, wird der Pakt im Wesentlichen durch eine Reihe von Vereinbarungen umgesetzt, wie z. B. der Acuerdo Marco Interconfederal oder der Acuerdo Nacional de Empleo (A.d.Ü., Interkonföderale Rahmenvereinbarung oder das Nationale Arbeitsabkommen). So erarbeiten die Gewerkschaften/Syndikate jedes Jahr in Zusammenarbeit mit den Arbeitgebern Regelungen, um die Arbeitsbeziehungen an die modernen kapitalistischen Ausbeutungsbedingungen anzupassen, wie sie in Europa funktionieren. Und hier ist das, was wir als Front der gewerkschaftlichen/syndikalistischen politischen Ordnung gegen die autonome Arbeiterbewegung bezeichnen könnten, klar definiert. Von diesem Zeitpunkt an begann der Niedergang der autonomen Tendenzen. Der Prozess der renconversión industrial4 begann, legitimiert und unterstützt von den großen Gewerkschaften/Syndikate, und es kam zu einer klaren Konfrontation zwischen den Apparaten der politischen Macht der Gewerkschaften/Syndikate und den autonomen Tendenzen; die direkten Vertreter des Staates auf der Ebene der Arbeit und der Straße waren diejenigen, mit denen die stärkste direkte Konfrontation stattfand. In einem Klima, in dem der Höhepunkt der autonomen Tendenzen bereits überschritten war, tauchten neue Kämpfe auf, die weniger mit Lohnforderungen als mit der Aufrechterhaltung von Beschäftigung und Entschädigung verbunden waren, wie die Kämpfe der Werften: Sestao, Cádiz, Ferrol, Gijon, Euskalduna (derjenige, der am längsten dauerte), der städtische Verkehr in Madrid und die Umstrukturierung der Häfen.

Die soziale Basis der Arbeiterbewegung in den 1960er und 1970er Jahren war in den Migrationsbewegungen der jüngsten industriellen Erfahrung zu finden. Von den 1950er bis 1960er Jahren wanderten eine Million Menschen aus den am stärksten benachteiligten Regionen nach Madrid, Katalonien und ins Baskenland aus. Zwischen den 1960er und 1970er Jahren sind zwei Millionen Menschen ausgewandert. Hospitalet zum Beispiel, die mit 400.000 Einwohnern die größte nicht-provinzielle Stadt Spaniens ist, hatte in den 1950er Jahren nicht mehr als 20.000 Einwohner. Es gab auch eine überstürzte und hochspekulative Urbanisierung, die zu Kämpfen nicht nur um Fabriken, sondern auch um Dienstleistungen, Verkehr usw. führte. Außerdem sind zwischen 1960 und 1975 600.000 Menschen nach Europa ausgewandert.

Was die autonomen Tendenzen ausmacht, ist eine Logik im Prozess der Forderungen, eine proletarische Logik, die der ökonomischen Vernunft, der Vernunft des Kapitals, entgegensteht. In den Vollversammlungsprozessen werden die Quoten für Lohnerhöhungen nach den Kriterien festgelegt, die von den Menschen, die an den Vollversammlungen teilnehmen, geäußert werden; sie berücksichtigen keine Überlegungen wie die von heute (z.B. den Verbraucherpreisindex) und die Logik des Kapitals wurde in keiner Weise verinnerlicht. Dies ist eines der Schlüsselelemente, die diese ökonomische Disziplinlosigkeit erklären. Die Regierung versucht, Lohnerhöhungen von 20, 25 % über die Inflation wieder hereinzuholen, wie sie es immer tut, aber das verkürzt und verschärft den Zyklus weiter; vor dem Ende der Vereinbarung wird der Kampf um neue Lohnerhöhungen entfesselt. Dies ist eine unaufhaltsame Spirale. Ein weiterer sehr charakteristischer Aspekt ist die direkte Vertretung, die Nichtakzeptanz der Vermittlung durch den politisch-gewerkschaftlichen/syndikalistischen Vertretungsapparat, auch wenn wir dies mit einer gewissen Zurückhaltung betrachten müssen. Es ist interessant zu sehen, dass die stärksten, virulentesten und strukturiertesten autonomen Tendenzen in den Gebieten der jüngsten Industrialisierung und der sozialen Zusammensetzung des Proletariats mit jüngsten industriellen Erfahrungen zu finden sind. In den Gebieten mit einer alten Arbeiterbewegung, wie z. B. in den Bergwerken Asturiens, wo eine leichte historische Kontinuität der klassischen Gewerkschafts-, Syndikatsbildung erhalten bleibt, werden UGT und CCOO sofort sehr stark. Interessant ist auch, dass in dieser Arbeiterklasse, die aus dem 19. Jahrhundert stammt, die klassischen Formen der Bewegung den größten Einfluss haben und autonome Tendenzen am wenigsten sichtbar sind. Es ist eine Situation, in der es in den Verhandlungen, im täglichen Leben der Fabrik, das gibt, was man die Diktatur des Proletariats nennen kann, weil die Entscheidungen hinter dem zurückbleiben, was die Initiative der Arbeiter in diesen Jahren bestimmt.

Um die Sozial- und Produktionsstruktur ein wenig zu charakterisieren: In jenen Jahren betrug die Erwerbsbevölkerung etwa 13 Millionen Menschen, von denen 7 Millionen Lohnabhängige waren, und davon waren (und sind auch heute noch) 95% der Industriestruktur Klein- und Mittelbetriebe, also kleine Unternehmen mit weniger als 15-20 Beschäftigten. Tatsächlich finden die großen autonomen Bewegungen dort statt, wo es einen relevanten Zusammenschluss gibt, sei es über den Fordismus rund um das Automobil, sei es im Baugewerbe oder in strategischen Sektoren wie der U-Bahn, wo die Interessengemeinschaft und die Fähigkeit, Druck auszuüben, sehr stark sind. In kleinen Unternehmen werden die Kämpfe ein wenig von denen der großen Industriekonzerne mitgeschleppt.

Schließlich würde ich eher von autonomen Tendenzen als von einer autonomen Bewegung sprechen. Es gibt keine Bewegung, es gibt keine Koordination zwischen den Vollversammlungsprozessen, die über ein paar Momente des Konflikts hinausgeht (vielleicht mit einigen Unterschieden im Fall des Baskenlandes). Der Inhalt des Kampfes ist eindeutig eine Lohnforderung gewerkschaftlicher/syndikalistischer Art, auch wenn die Form nicht gewerkschaftlich/syndikalistisch ist. Es gibt keinen Prozess der Ausarbeitung, der über Lohnfragen hinausgeht.

Da viel über Niederlagen gesprochen wird, möchte ich den Begriff der Niederlage in einigen Punkten relativieren. Es gibt eine reale Tatsache: obwohl die autonome Bewegung ab den 1980er Jahren mit der reconversión industrial in kleine basisorientierte Gewerkschaften/Syndikate in La Naval, Sagunto usw. umgewandelt wurde, gibt es trotz dieser Zersetzung der Bewegung einen stillschweigenden Pakt und eine akzeptierte Zersetzung, insofern es in diesen Jahren eine Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen der Arbeiterklasse gab. Das ist eine offensichtliche Tatsache, und selbst Sektoren, die sich aktiv an diesen Kämpfen beteiligt haben, akzeptieren den Pakt der demokratischen Transición5 und lassen nur die antikapitalistischeren Sektoren, die versucht haben, den Diskurs ein wenig über die bloße gewerkschaftliche/syndikalistische Forderungssphäre hinaus zu führen, zunehmend isoliert. Ebenso tragen die direkte Repression, die selektive Umstellung6 und die Vertreibung der konfliktträchtigsten Elemente aus den Produktionszentren unter Ausnutzung von Beschäftigungsregelungen zur Zerschlagung der Bewegung bei. Diese Sektoren sind auch die bewusstesten, diejenigen, die über die Ebene der Gewerkschaft/Syndikat hinausgehen, die Arbeit in Frage stellen und sich für einen Ausstieg aus der Fabrik einsetzen.

Die Abfindungspolitik im Anschluss an eine Umstellung7 ermutigt viele Menschen dazu, das Geld zu nehmen und zu fliehen, weil sie nicht länger in der Fabrik bleiben wollen, sie sehen die Entwicklung der Ereignisse als etwas Unumkehrbares an und verdienen ihren Lebensunterhalt, indem sie die Fabrik verlassen. Dieser soziale Frieden hatte einen hohen Preis, nämlich die Kosten für die Umstellung8, die sich in der ersten Phase auf eine Milliarde Peseten als Entschädigung für die Fabriken und die Arbeiterinnen und Arbeiter beliefen. Ab 1986, mit der Eingliederung in die Europäische Union, kamen dann Mittel hinzu, die es ermöglichten, diesen sozialen Frieden und dieses Konfliktpotenzial zu verwalten.

Die gewerkschaftliche/syndikalistische Vertretung wird immer professioneller, und mit der Anpassung der Arbeitsbeziehungen an moderne kapitalistische Modelle wird die Aushandlung der Arbeitsbedingungen immer komplexer, so dass innerhalb der Arbeiter selbst in Zusammenarbeit mit Anwaltskanzleien, Rechtsberatern usw. eine Kaste von Spezialisten entsteht, die die Vertretung der Arbeiter an sich reißen und übernehmen wird. Einerseits gibt es klare Interessen dieser bürokratischen Kaste, die Vertretung zu monopolisieren, und andererseits lässt ein großer Teil der lohnabhängigen Bevölkerung dies zu, auch wenn sie nicht ganz einverstanden ist. Der Beweis dafür ist, dass es nie einen massiven Beitritt zu den Gewerkschaften/Syndikate gegeben hat, auch wenn es für die Gewerkschaften/Syndikate gut ist, dass es so gelaufen ist. Das sind die Grenzen der Bewegung, wenn man sie kritisch betrachtet, und man kann auch sagen, dass die autonomen Tendenzen in der ersten Hälfte der 1970er Jahre, bis zur Unterzeichnung des pacto de Moncloa, als Hilfsmittel für den pacto de transición (A.d.Ü., Übergangspakt) dienten, einen Übergang, der in gewisser Weise beschleunigt wurde, weil die Verhandlungsführer, die Apparate der Klandestinittät und die Erben des Franquismus, ein Interesse daran hatten, ihn schnell zu erledigen, damit er nicht außer Kontrolle geriet.

HINWEIS: Dieser Text wurde angepasst, um ihn leichter verständlich zu machen.


1A.d.Ü., CCOO, ist die Abkürzung für Comisiones Obreras, der größten Gewerkschaft/Syndikat im spanischen Staat.

2A.d.Ü., die Sindicatos Verticales war die Gewerkschaft/Syndikat während der faschistischen Herrschaft im spanischen Staat von 1939 bis 1975, die dieser unterstellt war. Gegründet wurden sie 1940 und 1977 aufgelöst.

3A.d.Ü., die pactos de la moncloa war ein klassen- und parteiübergreifender Pakt aller politischen Parteien und Gewerkschaften/Syndikate, außer der CNT, 1977 um die desaströse ökonomische Lage zu retten. Gewisse demokratische Rechte wurden eingeräumt, dafür wurde das Arbeitsrecht noch mehr pauperisiert.

4A.d.Ü., die reconversión industrial ist von der Krise von 1973 eingeleitete Umstrukturierung der Industrie im spanischen Staat, die Aufgrund der Autarkie bis in die 50er stark auf Schwerindustrie fokussiert war, diese wurde dann größtenteils abgebaut, was zu Massenentlassungen und vielen Konflikten führte (Streiks, Sabotagen, Anschläge, usw.)

5A.d.Ü., die Transición ist der Übergang, oder die Übergangsperiode im spanischen Staat vom Faschismus zur Demokratie.

6A.d.Ü., bezogen auf die Fußnote Nummer vier.

7A.d.Ü., ebenda

8A.d.Ü., ebenda

This entry was posted in Anarchistische/Revolutionäre Geschichte, Ekintza Zuzena, Proletarische Autonomie Spanischer Staat, Texte. Bookmark the permalink.