(Zo d´Axa) Ohne Ziel

Ein Auszug aus dem Buch von Zo d´Axa – Leben ohne zu warten, von Mazas nach Jerusalem – aus dem Jahre 1895. Das ganze Buch kann hier gelesen werden.

Wie sagt man noch: Welches Ziel haben sie?

Und der wohlwollende Fragesteller hält sich davor zurück, mit den Schultern zu zucken, wenn erfeststellt, daß es junge Leute gibt, die sich nicht an die Gepflogenheiten, die Gesetze und die Anforde-rungen der heutigen Gesellschaft halten und sich dennoch für kein Programm aussprechen.

– Was erhoffen sie sich?

Wenn diese Verneiner ohne Credo doch wenigstens den Fanatismus als Entschuldigung hätten, aber auch das nicht: Der Glaube will nicht mehr blind sein. Man diskutiert, man tastet, man sucht. Welcharmselige Taktik! Diese Scharfschützen des sozialen Kampfes, diese Fahnenlosen sind dermaßen ausder Art geschlagen, daß sie nicht einmal mehr proklamieren, sie besäßen die – einzige – Formel desuniversellen Allheilmittels! Mangin war geistreicher…

– Und welche Interessen haben sie, wird dann nachgefragt.

Sprechen wir nicht davon. Sie werben für kein Mandat, keine Posten oder Delegationen, welche es auch immer sein mögen. Sie sind keine Kandidaten. Was sind sie also? Man möchte lachen! Für sie empfindet man die gebührende Verachtung, in die sich Mitleid mischt.

Ein Teil dieser Mißachtung kommt auch mir zu.

Wir sind einige wenige, die spüren, daß wir die zukünftigen Wahrheiten erst flüchtig anreißen.Nichts fesselt uns mehr an die Vergangenheit, aber die Zukunft zeichnet sich noch nicht ab.Und deshalb werden wir zwangsläufig falsch verstanden – und sind hier wie dort und überall Fremde.

Warum?

Weil wir keine neuen Katechismen zitieren wollen und insbesondere nicht so tun, als ob wir an die Unfehlbarkeit von Doktrinen glauben würden.

Wir müßten schon auf schnöde Art und Weise willfährig sein, wenn wir vorgäben, eine geschlos-sene Theorie ohne Vorbehalte anzuerkennen. Diese Willfährigkeit besitzen wir nicht! Die große Offenbarung fand nicht statt: wir halten unseren Enthusiasmus für eine große Sehnsucht offen.

Wird sie kommen?

Und selbst wenn uns das Endstadium dieser Bewegung noch nicht klar ist, so sträuben wir uns nichtdagegen, etwas anzupacken. Unsere Epoche ist die eines Überganges und der emanzipierte Menschhat darin seine Rolle.

Die autoritäre Gesellschaft ist uns verhaßt, wir bereiten das Experiment einer libertären Gesellschaft vor.

Obwohl wir nicht wissen, was diese Gesellschaft uns bringen wird, wünschen wir uns diesen Versuch – diese Veränderung.

Anstatt in dieser veralteten Welt stecken zu bleiben, in der die Luft zu dick zum Atmen ist und dieRuinen einstürzen, als wollten sie im aufgewirbelten Staub alles verhüllen, beeilen wir uns, auch den Rest einzureißen.

Das bedeutet, die Stunde einer neuen Renaissance zu beschleunigen.

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