(Chile-Schweiz) Der Antifaschismus als Waffe der Aufstandsbekämpfung

Gefunden auf der chilenischen Seite Vamos Hacia La Vida, die Übersetzung ist von uns.

Der Antifaschismus als Waffe der Aufstandsbekämpfung

Am 05.05.2022 veröffentlicht.

Der folgende Text wurde von einem antistaatlichen kommunistischen Gefährten veröffentlicht, der vor einigen Wochen die chilenische Region besuchte und an verschiedenen Foren und Debatten über den antifaschistischen Kampf und die antikapitalistische Kritik teilnahm.


DER ANTIFASCHISMUS ALS WAFFE DER AUFSTANDSBEKÄMPFUNG

Argumente gegen die Zusammenarbeit mit dem Feind

Im Aufruf zu diesem Vortrag heißt es, ich sei ein staatsfeindlicher Kommunist aus der Region Schweiz. Die Schweiz ist ein perfektes Beispiel für einen gebirgigen Staat in der Mitte Europas. Sie ist auch ein wichtiges imperialistisches Zentrum. Die Schweiz ist ein dämonisches Ungeheuer, das als wichtiges Zentrum für den internationalen Rohstoffhandel fungiert. Außerdem beutet es eine beträchtliche Zahl von Migranten in seinem Territorium aus. Viele Chilenen leben in der Schweiz. Das Hauptexportgut der Schweiz ist raffiniertes Gold und raffiniertes Blut. Man kann es an der Flagge erkennen, wenn man sie anschaut.

Es ist leicht zu erklären, warum die Ideologie des Antifaschismus den Zielen der Aufstandsbekämpfung in der Schweiz dient. Der Antifaschismus in der Schweiz ist seit dem Zweiten Weltkrieg in diesem Land eine Staatsdoktrin. Angesichts der drohenden Invasion durch Nazi-Deutschland bildeten die rechten und liberalen Parteien der Schweiz eine Einheitsregierung mit den Sozialdemokraten. Diese Einheit in der Regierung verabschiedete eine Doktrin zur welche sie als die geistige Verteidigung der Nation bezeichnete. Und obwohl diese Einheit aus rechten und linken Parteien in ihrer Zusammensetzung ständig wechselt, regiert sie das Land bis heute unangefochten weiter. Die Schweiz ist ein imperialistischer, korporatistischer und protektionistischer, postfaschistischer Staat. Es handelt sich um ein Land, in dem die einheimische Bevölkerung zu Arbeitern des Kapitals auf Befehl der Arbeitsmigranten befördert wurde. Diese Vorarbeiter, überwiegend Schweizer, leben in relativ sicheren und gut bezahlten Verhältnissen. Die materielle Grundlage für diesen Lebensstil wird von den unterdrückten Massen der Welt bezahlt.

Ich bin Mitglied der Industrial Workers of the World-IWW. Unsere Arbeitskollegen erlitten schwere Arbeitsunfälle in der Werkstatt einer praktisch neuen biochemischen Anlage, die von dem amerikanischen multinationalen Unternehmen Biogen in der Schweiz gebaut wurde. Die Kollegen erlitten Verbrennungen durch die Chemikalien und Maschinen, die sie während des Einsatzes reinigen mussten. Ich sah Bilder von Kollegen, die blutend aus Ohren und Nase aus der Schicht kamen. Sie durften den anwesenden Arzt nicht aufsuchen. Es war ihnen nicht gestattet, Wasser aus den Firmenbrunnen zu trinken. Sie mussten ohne ein garantiertes freies Wochenende arbeiten, in, ich glaube, 13-Stunden-Schichten, mit schwerem Gerät. Wenn die Kollegen einen Schweizer bei der Arbeit sehen, sprechen sie von einem Chef. So sind die Arbeitsbedingungen im Traumland der liberalen Rechten in der Welt.

In dieser Situation schüttet die Schweizer Linke ihr schlechtes Gewissen aus und bemitleidet uns, die Migranten. Sie argumentieren, dass wir als Klasse diese oder jene Stiefelleckerpartei wählen sollten, damit wir das vermeiden, was sie als Faschismus oder extreme Rechte bezeichnen. Und das alles, während unsere Kollegen gerade in einem Gerichtsverfahren in der alten Schweizer Stadt Basel stecken. Die Stadt, in der sich die Hauptsitze von Unternehmen wie Nestlé und Novartis befinden. Weil ein Mitarbeiter die Presse über die Arbeitsbedingungen im Werk informierte, während er sich auf dem Firmengelände aufhielt, wurde er entlassen. In der Schweiz ist es gesetzlich verboten, am Arbeitsplatz mit der Öffentlichkeit zu sprechen. Ein Zusammenschluss von Basisgewerkschaften, darunter die IWW, hat gegen die Entlassung geklagt. Die Anwälte, die von dem multinationalen Unternehmen Biogen und seinen Subunternehmern (mit Büros hier in Chile – gleich um die Ecke) die gegen die IWW angeheuert wurden, sind Nachkommen einer alten, weißen, patriotischen Herrscherfamilie (die Burckhardts) aus Basel. Die Herrschaft dieser feinen bourgeoisen Familie reicht bis in die Zeit der europäischen Renaissance im Jahr 1490 zurück. Ich möchte darauf hinweisen, dass die fremdenfeindlichen und klassenfeindlichen Kampagnen der Rechten nicht gegen die Einwanderung an sich gerichtet sind, sondern dazu dienen, uns zu benachteiligen, nicht nur vor dem Gesetz, sondern auch im täglichen Leben. Schließlich wollen sie, dass wir Migranten hier sind, diszipliniert sind und arbeiten.

Dieses antisoziale Verhalten in den Reihen unserer Klasse, diese narzisstische Selbstgefälligkeit, während wir als menschliche Spezies in diesem Moment immer mehr vor der Katastrophe der gesamten Gesellschaft stehen, ist nicht nur das Privileg der Rechten. Das gleiche Gerede ist in den Reihen der politischen und parlamentarischen Linken zu hören, wenn ihre Funktionäre uns auffordern, wählen zu gehen, und dabei den Finger erheben wie die Pädagogen und guten Polizisten, die sie sind, und uns Arbeiter vor der Gefahr des Faschismus und der Diktatur warnen, wenn wir es vorziehen, nicht zu wählen. Sie wollen, dass wir für ein System stimmen, das uns versklavt und das letztlich eine reine Form ohne Inhalt ist. Bitte entschuldigt mich, aber bevor ich die Frage nach dem Antifaschismus beantworte, muss ich etwas Licht ins Dunkel bringen und einige Konzepte über unsere postfaschistischen Demokratien entwickeln, damit uns klar wird, was mit dem Begriff Antifaschismus heute gemeint ist. Bleibt bitte bei mir. Und entschuldigt, wenn ich das sage, aber angesichts der Intensivierung der Arbeit in den Metropolen seit den 1970er Jahren sollten die Menschen Besseres zu tun haben, als ihre Gedanken an die Funktionsweise der Demokratie zu verschwenden. Aber hier sind wir nun. Sie tun es. Was sollten wir also nach Ansicht unserer Herren unterstützen?

Auf den ersten Blick ergibt die Demokratie sehr viel Sinn. Das scheint gut für uns und unsere Interessen zu sein. In der Demokratie gibt es eine ideale Verpflichtung, die Macht der Bevölkerung zu übertragen. Gleichzeitig besteht jedoch ein echter Anspruch der Oligarchie auf die Herrschaft über die Bevölkerung. Dies führt zu einem allgemeinen Widerspruch. Der Widerspruch besteht zwischen dem individuellen Herrschaftsanspruch und dem Inhalt der modernen Gesellschaften, die arbeitsteilige Massengesellschaften sind. Daher muss in modernen Gesellschaften jeder Staat für die Massen auf seinem Territorium aufkommen. Ihnen einen Ausdruck geben. Eine Verfassung tut genau das. Für eine bourgeoise demokratische Verfassung kritisiert Karl Marx, den ich hier zitiere, einen Widerspruch, der sie einschließt. Er schreibt:

„Der umfassende Widerspruch aber dieser Konstitution besteht darin: Die Klassen, deren gesellschaftliche Sklaverei sie verewigen soll, Proletariat, Bauern, Kleinbürger, setzte sie durch das allgemeine Stimmrecht in den Besitz der politischen Macht. Und der Klasse, deren alte gesellschaftliche Macht sie sanktionierte, der Bourgeoisie, entzieht sie die politischen Garantien dieser Macht. Sie zwängt ihre politische Herrschaft in demokratische Bedingungen, die jeden Augenblick den feindlichen Klassen zum Sieg verhelfen und die Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft selbst in Frage stellen. Von den einen verlangt sie, daß sie von der politischen Emanzipation nicht zur sozialen fort-, von den anderen, daß sie von der sozialen Restauration nicht zur politischen zurückgehen.“1

Marx sagt, dass es mit einer demokratischen Verfassung und dem allgemeinen Wahlrecht für die Bourgeoisie keine politische Garantie mehr gibt, dass ihr die gesellschaftliche Macht nicht plötzlich entzogen wird. Aber gerade dieser Rückzug aus der politischen Herrschaft – der Verlust ihrer politischen Herrschaftsgarantie – ist der bisher größte Triumph der Bourgeoisie. Denn soziale Konflikte richten sich nun als politische Konflikte gegen den Staat.

Mit einer Verfassung gibt es zwar eine formale Ausweitung der zivilen Freiheiten, aber der Inhalt dieser Freiheiten ist eingeschränkt. Denn für die Massen kann es auch die Möglichkeit geben, politische Macht zu beanspruchen, aber die politische Macht ist von der sozialen Macht getrennt. Die Ausweitung der sozialen Macht der Klasse würde die Politisierung der Produktionsverhältnisse bedeuten. Aber auf diesen Produktionsverhältnissen beruht die gesellschaftliche Macht der Bourgeoisie. Daher kann der bourgeoise Staat den Massen einfach keine Macht geben, er ist an den Zweck der Sicherung des Privateigentums gebunden.

Im Alltagsbewusstsein verschwindet also genau diese funktionale Abhängigkeit – der Zweck des Staates, das Privateigentum zu sichern -, verschwindet hinter der Erscheinung des Staates als Verkörperung des gemeinsamen und allgemeinen Prinzips der Volkssouveränität. Auf diese Weise verkörpert der Staat das Gemeinwohl, und indem er den Besitzlosen Zugang zur politischen Regierung gewährt, vermittelt er erfolgreich das Bewusstsein der Staatsbürgerschaft bis in die untersten Schichten der Klasse. Kurz gesagt, eine demokratische Verfassung ist eine Integrationsleistung – oder Domestizierung – par excellence.

Indem die Realität unversöhnlicher Klasseninteressen in einem demokratischen Staat geleugnet wird, wird der Antagonismus zwischen Kapital und Arbeit als bloßes Konsumgefühl mediatisiert, das als diese oder jene Identität anerkannt werden will, vermischt in einem Pluralismus von Interessen, die alle in ihrem sozialen Bewusstsein auf die Sphäre der Verteilung oder die Verteilungspolitik des Staates ausgerichtet sind. Genau dieser Interklassismus (A.d.Ü., Klassenüberfreigung) ist ein historisches Ergebnis des Faschismus – die einheitliche und pluralistische Version der demokratischen Volksparteien und ihrer linken und rechten Gewerkschaften/Syndikate finden sich als fortschrittlicher Ausdruck seines historischen Vorgängers – der faschistischen Einheitspartei und der faschistischen Einheitsgewerkschaften, -syndikate. Es ist auffällig, dass soziale Einrichtungen wie der Kindergarten in Italien oder die Sozialversicherung in Deutschland als sehr moderne soziale Errungenschaften der demokratischen Nation geschätzt werden, während sie in Wirklichkeit als faschistische Politik umgesetzt wurden.

Für die lebenslange konstitutionelle Volkspartei gibt es keine Konflikte mehr, alle Identitäten werden richtig, alle sind vereint gegen den Feind der Bevölkerung, usw. Die erste historische Aufgabe des Faschismus bestand darin, das Proletariat aufzulösen, ohne den Kapitalismus anzutasten. Das Ergebnis des Faschismus ist der autoritäre Staat in seiner postfaschistischen, neoliberalen Form, wie wir ihn heute haben. Dieser autoritäre Staat beruht auf der Bereitschaft der Privilegierten, Opfer zu bringen, solange Freiheit und Wohlstand geschützt werden können.

Ich bestehe darauf, dass das, was die postfaschistische Demokratie auszeichnet, oder das, was der Faschismus historisch erreicht hat, das Neue, vor allem die Gestaltung der Gesellschaft im Sinne eines klassenübergreifenden Kompromisses ist. Und trotz der zunehmenden Zahl von Revolten auf der ganzen Welt ist keine der bisherigen Bewegungen auch nur annähernd in der Lage, die soziale Macht der Bourgeoisie in Frage zu stellen. Alle Aufstände sind durch politische Formen aufgefangen worden.

Aber die politische Form ist die Grenze der Emanzipation.

Um ein aktuelles Beispiel zu nennen. Im Jahr 2004 verkaufte ein linksradikaler Minister in der Regierung der Hauptstadt und des Landes Berlin den größten Teil des sozialen Wohnungsbestands an den Markt. Auf diese Weise – so wurde behauptet – wurde der Staat vor dem Bankrott bewahrt. Ein im Jahr 2004 verkauftes Objekt hatte einen Buchwert von 405 Millionen, heute ist es 7 Milliarden wert.

Heute nehmen der Wohnungsmarkt und damit auch die sozialen Konflikte zu. Ich zitiere die autonome Gruppe „Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft“ zur Wohnsituation in Berlin mit ihrem Text „Kommt kein Schiff wird kommen, um uns zu retten“:

„Viele Jahre lang waren die Mieten in der Stadt niedriger als an den meisten Orten in Deutschland, ganz zu schweigen von anderen europäischen Hauptstädten wie London oder Paris. In den letzten zehn Jahren ist die Bevölkerung Berlins jedoch um 400.000 Menschen – mehr als zehn Prozent – gewachsen, und die Stadtverwaltung hat den Bau bezahlbarer Wohnungen praktisch eingestellt. Dies hat zu einem starken Anstieg der Mieten geführt: zweiundvierzig Prozent (bei Neuvermietungen) seit 2016, mehr als irgendwo sonst im Land. Und bei einer Wohneigentumsquote von nur fünfzehn Prozent betrifft dieses Problem einen großen Teil der Bevölkerung.

In diesem Zusammenhang initiierten einige linke Aktivisten ein Referendum über die Enteignung der Wohnungsbestände in der Stadt. Unter dem Namen einer dieser Immobiliengesellschaften hat die Initiative „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ hat zunächst mit einer großen Zahl von Freiwilligen die erforderlichen 170.000 Unterschriften gesammelt und dann im September 2021 an der Wahlurne mit 56,4 % der Stimmen gewonnen.

[Aber!]

Selbst wenn es sich bei der geplanten Enteignung lediglich um einen Zwangsverkauf handeln würde, wäre dies ein Eingriff in die heilige Freiheit des Eigentums. Deshalb hat der Senat wiederholt darauf hingewiesen, dass ein solcher Schritt „ein falsches Signal“ wäre.

Hier liegt das Problem für jede linke Regierung: Auch sie muss um das Kapital werben, denn ohne Investitionen gibt es keine Arbeitsplätze und keine Steuereinnahmen. Und genau hier liegt der Knackpunkt der Kampagne: So pragmatisch der Ton auch sein mag und so pragmatisch die Haushaltsexpertise auch sein mag, der Schritt, den sie fordert, ist einer, den selbst ein linker Senat wahrscheinlich nicht gehen wird. Einige Vertreter der Kampagne sind sich der absehbaren Folgen einer Enteignung bewusst, sehen aber kein Problem darin: „Wenn die Rating-Agentur Moody’s Berlin mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit droht, sagen wir mit unserer Kampagne: Ja, bleibt weg. Wir wollen sie nicht hier haben“. Keine Regierung, auch wenn sie nominell links ist, kann eine solche Haltung einnehmen, wenn sie noch ein halbwegs rechtes Gehirn hat. Aber die Kampagne hat beschlossen, alle Hoffnungen auf die Regierung zu setzen. [Die Freundinnen und Freunde argumentieren] Was die real existierende Arbeiterklasse zweifellos erschrecken würde, wäre ein Erdrutschsieg beim Referendum. „Siege hingegen inspirieren und schaffen Vertrauen“, schreiben zwei Verteidiger der Kampagne. Aber diese Art von Misserfolg ist unvermeidlich. Am Ende wird es wahrscheinlich eine enorme Demoralisierung geben: die unermüdlichen Bemühungen von mehreren tausend Aktivisten werden höchstwahrscheinlich vergeblich gewesen sein. Entweder verwässert der Senat das Thema und es kommt zu einem Kompromiss, der niemandem hilft, oder er bringt wider Erwarten ein Gesetz zum billigen Ankauf von 240.000 Wohnungen auf den Weg, in welchem Fall die Gerichte einschreiten werden. Oder, und das wäre ein politisch noch fataleres Ergebnis, die „Enteignung“ wird durchgehen, aber der „Mietenwahnsinn“ wird weiter um sich greifen“2.

Die einzige vernünftige Option, die uns bleibt, ist, diesen politischen Kampf als revolutionären sozialen Kampf gegen den Staat wieder aufzunehmen. Denn am Ende – so argumentieren die Freundinnen und Freunde – wird kein Schiff kommen, um uns zu retten. Aber wenn dies geschieht, wenn das Proletariat die politische Verbreitung seines unmittelbaren sozialen Interesses ablehnt, wenn die Berliner Kommune schließlich aufkeimt, dann ist die Gefahr des Faschismus und eines blutigen Krieges gewiss. Was die herrschende Klasse betrifft, so muss der Staat stark und die Ökonomie frei sein. Denn was die Bourgeoisie fürchtet, ist die Politisierung ihrer sozialen Basis, nachdem sie ihre politische Herrschaftsgarantie verloren hat. Der Faschismus verspricht, dass dieses Ziel durch organisierten Terror gegen die Massen erreicht werden kann, wenn die Entpolitisierung der Gesellschaft und der technokratische Stil der politischen Führung vom Proletariat in Frage gestellt werden. Aber dank der gegenwärtigen Passivität der Massen, dank der Wirksamkeit der Wahl- und Verfassungspropaganda besteht für die herrschende Klasse heute einfach noch keine Notwendigkeit, sich zu organisieren und die unproduktiven Kosten eines umfassenden Staatsterrors gegen sie auf sich zu nehmen.

Eine Dimension dieser pro-kapitalistischen und etatistischen Propaganda ist die Ideologie des Antifaschismus als Waffe der Aufstandsbekämpfung. Nun, es gibt eine Dimension des Antifaschismus, die in den Herzen und Köpfen derjenigen Pro-Revolutionäre Angst einflößt, die beschlossen haben, dass es für sie selbst und für die Menschheit besser wäre, diese höllische Landschaft zu verlassen, um ein besseres Leben zu führen. Niemand weiß, ob die herrschende Klasse nicht lieber den Planeten verdampfen lassen würde, als ihre Macht aufzugeben. In diesem Sinne hat die „Antifaschistische Aktion“ eine sehr direkte Verbindung zur Aufstandsbekämpfung für diejenigen, die argumentieren, dass die Aufgabe der menschlichen Emanzipation ohnehin unmöglich zu erreichen ist. Aber für die Feinde einer kommunistischen Weltrevolution ist das Leben die Hölle und das Leiden und vielleicht die Hölle in der Zukunft. Sind diejenigen, die wirklich glauben, dass der Kapitalismus in der Lage ist, die Welt zu reformieren und sie zu einem besseren Ort zu machen, masochistisch? Nein. Auffallend ist, dass das Evangelium des Antifaschismus gerade von denjenigen gepredigt wird, die sich nicht dahinter verstecken, die selbst und als Organisationen jegliches rigorose Denken über die reale Welt aufgegeben haben zugunsten der Sicherung ihrer eigenen Privilegien in ihren Gated Communities, in den Metropolen, in ihren kleinen formellen oder pensionierten Jobs in den Regierungssitzen. Möge die Welt zur Hölle fahren.

Gleichzeitig scheinen fortschrittliche Regierungen machtlos zu sein, wenn es darum geht, den Eingriff des autoritären Staates in das, was von unseren zivilen Freiheiten noch übrig ist, zu stoppen. Überall auf der Welt werden unter dem Deckmantel des Verfassungsschutzes zunehmend repressive Maßnahmen ergriffen. So stimmten die Schweizer Staatsbürger im vergangenen Jahr für ein Gesetz, das die Polizei ermächtigt, Kinder einzusperren und zur Arbeit zu zwingen, wenn sie es wagen, öffentlich über den Umsturz des Staates zu sprechen.

Ich sehe zwei historische Trends im Spiel. Erstens hat die Bourgeoisie, wie ich dargelegt habe, auf eine politische Herrschaft verzichtet. Der Trend zu einem autoritären Staat wird nicht nur durch die Manipulation der Geldgeber und Kapitalisten vorangetrieben. Die Widersprüche des Kapitalismus verschärfen sich im Laufe der Zeit, und damit wird die Verfassung zunehmend als Kontrollinstrument interpretiert. Dies ist ein historischer Rückschritt bzw. eine Abkehr vom Ideal der Demokratie hin zur Diktatur des Kapitals auf dem Terrain der Verfassung.

Zweitens hielt es die Sozialdemokratie in dem Maße, in dem sich die Widersprüche des Weltkapitalismus verschärfen, für zweckmäßig, der Arbeiterklasse die Rolle des Erlösers künftiger Generationen zuzuweisen und ihr damit die größte Kraft zu entziehen, um Walter Benjamin zu zitieren. Diese Formation ließ die Arbeiterklasse sowohl ihren Hass als auch ihren Opfergeist vergessen. Der Antifaschismus ist eine Ideologie, die eine Zeitverschwendung ist und die Revolution auf einen vergessenen Feiertag verschiebt.

Vielen Dank, Johannes Agnoli3.

Ein staatsfeindlicher Kommunist aus der Region Schweiz.


1A.d.Ü., Karl Marx, Die Klassenkämpfe in Frankreich 1848 bis 1850

2A.d.Ü., die hier zitierten Stellen wurde von der Englischen Version des Textes, Kommt kein Schiff, von den Freundinnen und Freunden der klassenlosen Gesellschaft, übernommen, die sich aber von der Deutschen zum Teil sehr unterscheidet.

3Anmerkung von VHLV, Johannes Agnoli war ein deutsch-italienischer „marxistischer“ Politikwissenschaftler. Er wies darauf hin, dass der Staat eine Agentur des Kapitalismus ist, eine Organisation, die die engen Interessen der einzelnen Kapitalisten in das Interesse eines ideellen Gesamtkapitalisten umwandelt, was die Existenz der Ausbeutung erklärt.

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