Bandilang Itim : Die Philippinen & der Anarchismus

Bandilang Itim : Die Philippinen & der Anarchismus

Interview von Asia Art Tours mit dem Bandilang Itim Kollektiv erschienen in zwei Teilen im März und April 2021, Teil 1 hier und Teil 2 hier. Die Übersetzung ist von uns.

Asia Art Tours: Eine der wichtigsten Lektionen, die ich aus diesem Sommer der globalen Aufstände mitgenommen habe, war die Wichtigkeit von Übersetzungen. Wenn es um Bandilang Itim (tagalisch für ‚Schwarze Fahne‘) geht, könntet ihr uns sagen (und euch so viel Zeit nehmen, wie ihr wollt), was historisch gesehen einige der wichtigsten abolitionistischen/anarchistischen/kommunistischen Begriffe sind, die die linke Politik der Philippinen definieren?

Butingtaon: Mit den jüngsten Gesetzen, die verabschiedet wurden, um angeblich die Auswirkungen der Pandemie zu mildern, denke ich, dass ein Begriff, den wir im Auge behalten sollten, „Solidarität“ ist, den wir bei Bandilang Itim mit „Bayanihan“ übersetzen. Im Gegensatz zum „Patriotismus“ und „Nationalismus“, die ständig von den Machthabern und denjenigen mit schädlichen Motiven (sehr oft die gleichen Leute) beschworen werden, um die Einheit mit denen aufrechtzuerhalten, die die Bewohner dieses Archipels, den wir die Philippinen nennen, weiterhin ausbeuten; wir bieten an seiner Stelle Solidarität an, sich um die Mitmenschen kümmern und sie unterstützen, in der Erkenntnis, dass die Überwindung der gemeinsamen Schwächen unsere gemeinsame Stärke ist.

Wir haben mehr mit den schwarzen Gemeinden im amerikanischen Imperium gemeinsam, die jedes Mal um ihr Leben fürchten, wenn ein Polizeiauto durch ihre Nachbarschaft braust, als mit den Milliardären und Großgrundbesitzern in unserem eigenen Land. Wir haben mehr mit den syrischen Flüchtlingen gemeinsam als mit den Berufspolitikern, die dieses Land regieren, oder mit den politischen Dynastien, aus denen sie stammen. Wir sollten dem Staat nicht erlauben, den Begriff Bayanihan zu vereinnahmen! Und das tun wir, indem wir tatsächlich Taten des Bayanihan begehen!

Ponkan: Wenn ich ein Wort wählen müsste, um die philippinische Linke heute zu beschreiben, dann wäre es „trapo“1. Die größte Dummheit des lokalen Aktivismus war, wie sehr die Nationaldemokratische Bewegung (Nat-Dem)2 versucht hat, sie alle zu vereinnahmen und auf ihr einziges Ziel hin zu verengen. Was ironisch ist; eine Menge von dem, was wir als soziale Revolutionen und andere Arten von Umwälzungen auf diesen Inseln bezeichnen könnten, wurden von den Massen hervorgebracht, die sich nicht so sehr für das Programm der Nat-Dem engagieren. Diese monopolistische Haltung hat jede sinnvolle spontane Massenbewegung erstickt, die mit den globalen Aufständen, die wir seit 2019 erlebt haben, verglichen werden könnte!

Die philippinische Linke ist in ihrer eigenen Tendenz verstrickt, ihren Radikalismus stillzulegen, um an dem teilzuhaben, was sie als liberale Demokratie anprangert, und sie scheint nicht erpicht darauf zu sein, dieses radikale Image abzulegen, während sie ihrer Bewegung und jedem potentiellen Aktivismus weiterhin in den Fuß schießt in ihrem Bestreben, die Establishment-Partei der „Linken“ zu werden. Es wurde gesagt, dass „man keinen Aktivismus außerhalb der Bewegung betreiben kann“ in einer Zurschaustellung von hässlichem Avantgardismus. Besonders in einer Zeit, in der der Staat die Pandemie benutzt, um seine Agenda voranzutreiben und seine Kassen auf Kosten aller zu vergrößern. Wenn ein breiter Ruf nach sozialem Widerstand an Fahrt gewinnt, wird die „Bewegung“ ihn untergraben, um ihr eigenes verrottendes Programm voranzutreiben. Scheiß drauf. Wir brauchen Spontaneität. Wir brauchen dezentralen Widerstand. Wir brauchen Kinder, die ihren Wunsch nach sozialer Veränderung selbständig ausleben. Keine „umfassenden“ Ideologen, die Kinder zu 10% Sozialarbeit und 90% performativer Politik inspirieren.

Asia Art Tours: Was waren in der heutigen Zeit einige der wichtigsten Konzepte/Slogans, die aus den philippinischen Bewegungen hervorgegangen sind, die die Kämpfe auf den Philippinen definieren?

Lahumbuwan: Das ist eine ziemlich gute Gelegenheit, auf den vorherigen Antworten aufzubauen, denke ich. Wie Butingtaon anmerkt, hört man Wörter wie „Bayanihan“ überall, aber es wird vom Staat kooptiert. In der Zwischenzeit, wie Ponkan erwähnt, haben die Nat-Dems ihr Monopol auf Widerstand entwickelt. Damit einher geht die Entwicklung eines eigenen Lexikons, das ihnen hilft, ihre Ansprüche auf die Legitimität ihres Monopols zu zementieren – aber es macht sie auch für die staatlichen Kräfte leicht identifizierbar.

Fragen wie diese sind schwieriger zu beantworten, als sie scheinen, weil die Sprache der Kämpfe auf den Philippinen den gleichen Herausforderungen unterliegt, die oben erwähnt wurden. Es gibt vertraute Worte, die zurückgewonnen werden müssen – wie „Bayanihan“ -, aber es gibt auch die Herausforderung, ein Vokabular außerhalb des Nat-Dem-Lexikons zu entwickeln. Die Wege des Widerstands auf dem Archipel müssen auf dem Weg der Kritik erweitert werden, sicher. Aber auf den Philippinen müssen wir auch die Sprache (neu) erfinden, die wir verwenden, um die Herrschaft abzulehnen, und die Sprache, mit der wir alternative Methoden der Organisation aufbauen.

Asia Art Tours: In diesem Sommer gab es (vielleicht) den größten Aufstand in der Geschichte der USA gegen Polizeigewalt und Donald Trump. Ich weiß, dass sich auf den Philippinen eine ähnliche Unzufriedenheit gegen Rodrigo Duterte und seine Verstärkung der Polizeigewalt entwickelt hat.

Könnt ihr uns von den Philippinen berichten, gab es unter den linken Filipinas und Filipinos eine nennenswerte Solidarität oder Interesse an dem George Floyd Aufstand? Und wenn ja, wie haben sie versucht, Solidarität aufzubauen oder auszudrücken?

Lahumbuwan: Es gab definitiv Interesse an den Sommeraufständen unter jungen Leuten, aber es wurde nicht viel getan, um ein signifikantes Gefühl der Solidarität zu erzeugen. Es wurden Verbindungen hergestellt, wie die USA und die Philippinen die Polizeibrutalität gemeinsam haben, aber während wir sahen, wie der Abolitionismus in den Vereinigten Staaten an Zugkraft gewann, wurde dieser Aufruf von einer großen Anzahl von Menschen hier nicht beachtet. Also wieder, Interesse, aber nicht viel Solidarität.

Tatsächlich war eine der viralen Infografiken, die zu dieser Zeit kursierten, eine, die die Gewalt von Polizisten in den USA trivialisierte, indem sie sagte, dass philippinische Polizisten viel mehr Menschen in einem Jahr töten. Und obwohl das eine Tatsache sein mag, war es zu dieser Zeit unnötig, diesen spezifischen Vergleich anzustellen. Das soll nicht heißen, dass solche Fakten nicht ans Licht gebracht werden sollten, sondern vielmehr, dass wir es besser machen müssen, wenn wir uns mit den Kämpfen derer, die außerhalb des Archipels leben, solidarisch zeigen.

Magsalin: Wir erleben wahrscheinlich die größte Protestwelle gegen die Polizeiarbeit weltweit, und hier auf den Philippinen ist das Misstrauen gegen Polizeiarbeit und Inhaftierung so groß wie nie zuvor. In der Tat, wie Lahumbuwan sagte, sind sich die Filipinos sehr wohl bewusst, dass philippinische Polizisten tödlicher sind als die rassistischen amerikanischen Polizisten, allein wenn man Dutertes Krieg gegen Drogen3 betrachtet.

Im Allgemeinen können Filipinos aus dem gesamten linken politischen Spektrum die Polizeigewalt in den sogenannten USA mit der Polizeigewalt auf dem Archipel in Verbindung bringen, indem sie die Kriminalisierung der schwarzen und indigenen Gemeinden dort mit der Kriminalisierung der Gemeinden hier, wie der bäuerlichen, der indigenen und der städtischen armen Gemeinden, vergleichen. Es fehlt jedoch ein spezifisch abolitionistisches Bewusstsein, das nicht nur das Verhalten der Polizei, sondern die Polizeiarbeit selbst in Frage stellt. Trotz der Tödlichkeit der Polizeiarbeit und der Inhaftierung auf den Philippinen gibt es noch nicht die Forderung, die Polizeiarbeit ganz abzuschaffen. Es gibt einige Nationaldemokraten, die zwar sagen: „Schafft die Philippine National Police (PNP) ab“, aber dennoch Alternativen vorschlagen, die die Polizeiarbeit in einer anderen Form der Institution beibehalten. Das Problem ist jedoch nicht nur das Verhalten der Polizeibeamten; das Problem ist nicht nur die Institution der Philippinischen Nationalen Polizei; das Problem ist die Vorstellung von Polizeiarbeit selbst als eine soziale Beziehung, die auf Kontrolle und Gewalt beruht.

Erst im Dezember 2020 kam es zu einem weiteren aufsehenerregenden Mord durch die Polizei, als ein Polizist außer Dienst zwei seiner Nachbarn, eine Mutter und ihren Sohn, tödlich erschoss. Es wurde aufgedeckt, dass dieser Polizist an mehreren Tötungsdelikten durch die Polizei beteiligt war, aber alle Anklagen wegen Fehlverhaltens abgewiesen wurden. Es ist klar: Dieser Polizist hat schon einmal getötet. Wäre dieser grausame Mord nicht auf Video aufgenommen worden und viral gegangen, bezweifle ich nicht, dass dieser Polizist auch mit diesen Morden davongekommen wäre. Wie bei früheren hochkarätigen Polizeimorden gab es Empörung in der Bevölkerung, es gab Empörung. Diesmal wuchsen die Rufe, der PNP die finanziellen Mittel zu entziehen oder sie abzuschaffen, doch wie ich bereits erwähnte, stellten diese Modelle der Abschaffung nicht das Konzept der Polizeiarbeit an sich in Frage, und die mutigeren Vorschläge forderten lediglich eine Wachablösung.

Nationaldemokraten, Sozialdemokraten und Sozialisten haben es alle versäumt, eine Kritik an der Polizeiarbeit an sich zu formulieren. Ich denke, es ist die Aufgabe der Anarchisten auf dem als Philippinen bekannten Archipel, eine wirklich emanzipatorische Vision der Abschaffung voranzutreiben.

Asia Art Tours: Spiegelt oder ähnelt der Kult um Figuren wie Marcos4 oder Duterte auf den Philippinen dem Faschismus/der white supremacy einer Figur wie Donald Trump? Wie sieht der Rechtsradikalismus im Kontext der Philippinen aus?

Malaginoo: Es gibt eine echte Ähnlichkeit zwischen den Taktiken und der Demagogie von Trump und Duterte, vor allem im Hinblick darauf, wie sehr sie sich auf das Engagement in den sozialen Medien verlassen, um ihre Anhänger dazu zu mobilisieren, oppositionelle Mitglieder und Personen zu schikanieren.

Genau genommen ist Duterte kein Faschist im strengen Sinne des Wortes, d.h. ein Nationalist mit dem Ziel der totalen Erneuerung der Gesellschaft. Er ist jedoch ein Populist, der Repression in all ihren verschiedenen Formen einsetzen wird, um politische und unternehmerische Interessen zu stützen, um die Ordnung der Dinge auf dem Archipel aufrechtzuerhalten.

Der Unterschied bei Duterte ist die Straflosigkeit, die er und seine Regierung in den letzten fünf Jahren betrieben haben, versteckt hinter populistischen Botschaften und Propaganda, ähnlich wie die extreme Rechte in anderen Ländern. Es ist der Neoliberalismus im Wolfspelz.

Magsalin: Faschismus gibt es in diesem Land, und Duterte und seine Art von Populismus ermöglichen ihn. Wir müssen jedoch anerkennen, dass die Unterstützung für Duterte pluralistisch war. Ja, es gab rechtsradikale Unterstützung für Duterte in seiner Kampagne für das Amt des Präsidenten, aber es gab auch Unterstützung von Moro (muslimische Ureinwohner) und Lumad (nicht-muslimische Ureinwohner aus Mindanao), weil Duterte mit einer Kampagne zur Friedenskonsolidierung antrat. Dutertes Programm zur Friedenskonsolidierung gewann sogar die Unterstützung des nationaldemokratischen Makabayan Blocks5, der, obwohl er bereits Grace Poe seine Unterstützung zugesagt hatte, trotzdem für Duterte warb. Duterte überzeugte sogar Joma Sison6, den führenden Theoretiker der Nationaldemokratie und der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP). Doch all seine Versprechen an die indigene Bevölkerung und die Nat-Dems wurden gebrochen und mit der Zeit wurde klar, dass alle seine Versprechen nur opportunistische Slogans waren, um Stimmen zu gewinnen. (Bis heute weigern sich die Nat-Dems, sowohl die kommunistischen als auch die Makabayan, Rechenschaft über ihren Opportunismus bei der Unterstützung von Duterte abzulegen, aber das ist ein Thema für ein anderes Mal). Die opportunistische progressive Unterstützung für Duterte ist größtenteils verblasst, obwohl es noch einige „Tankie7 DDS“ Verfechter gibt. DDS bedeutet übrigens „Duterte Diehard Supporters“ (Unermüdliche Duterte Unterstützer), was wiederum eine Anspielung auf die Davao Death Squad8 ist, und viele der noch existierenden DDS sind tatsächlich konservativ oder rechtsradikal.

Wie manifestiert sich also der Faschismus auf den Philippinen? Die Gruppen, die ich als eindeutig faschistisch betrachte, sind rechte Milizen wie die alten Ilaga, Tad-tad und Alsa Masa. Es hat noch keine umfassende Studie über diese Milizen gegeben, die einen Rahmen verwendet, der diese Gruppen als spezifisch faschistisch ansieht, aber ich kann ein paar Beobachtungen machen. Gruppen wie die Ilaga während der Marcos-Diktatur setzten sich aus Siedlern der landwirtschaftlichen Kolonien in Mindanao zusammen, deren Landesinnere das Äquivalent einer kolonialen Grenze auf den Philippinen ist. Sie waren von der christlichen Überlegenheit überzeugt und aggressiv antikommunistisch. Spätere Gruppen wie die Alsa Masa während der Regierung von Cory Aquino waren nicht spezifisch von der christlichen Überlegenheit überzeugt, behielten aber den Antikommunismus als Leitideologie bei. Ob unter Marcos oder Aquino, diese Gruppen wurden vom Staat benutzt, um kriminalisierte Gemeinschaften zu terrorisieren, ob sie nun Moro im Fall von Marcos oder Sympathisanten des Kommunismus im Fall von Aquino waren. Solche Milizen existieren auch heute noch, einige als Teil der CAFGU9, dem offiziellen paramilitärischen Programm des Staates, andere als Privatarmeen lokaler Warlords oder Kapitalisten und wieder andere als unabhängige Anti-Moro oder antikommunistische Milizen. In welcher Beziehung diese faschistischen Gruppen zu Duterte stehen, muss noch untersucht werden. Vielleicht waren sie unbequeme Bettgenossen bei ihren verhassten Rivalen, den Nat-Dems, oder vielleicht unterstützten sie Duterte erst, nachdem dieser mit der Nationaldemokratie gebrochen hatte. Dies verdient eine weitere Untersuchung.

Asia Art Tours: In Bezug auf die aktuelle Polizeigewalt auf den Philippinen oder faschistische Unterstützer vergangener oder gegenwärtiger philippinischer Politikerinnen und Politiker: Worin besteht der antipolizeiliche und/oder antifaschistische Widerstand? Was können globale Bewegungen oder „Linke“ von diesem Widerstand gegen die Polizei auf den Philippinen lernen?

Ponkan: Die Nationale Demokratische Bewegung bleibt die größte, aber nur durch jahrzehntelange Kooptation und Monopolisierung (siehe meine Antwort in Frage 1). Es gibt legitime Gefühle gegen die Polizei, und es gibt tatsächlich Leute, die sich gegen den Staat organisieren, der uns verarscht (fucking us over). One Big Strike (Ein Großer Streik), eine Studentenbewegung, die das Ende des Semesters fordert, wegen des Schwachsinns, dass der Jugend Online-Kurse aufgezwungen werden, mitten in einer Pandemie.

Ratet mal, was die Nationaldemokraten gemacht haben: das absolute Gegenteil. „Für eine sichere Rückkehr zum Unterricht!“ lautet ihr neuer Slogan. Weil irgendwas irgendwas „Stürzt Duterte“ oder so ein Blödsinn. (Es könnte jeder andere Präsident sein, wirklich.) One Big Strike hat nicht mehr so viel Zugkraft wie zu Beginn. Ich bin immer noch schwer wütend darüber, wie sehr die Establishment-Linke versucht hat, alle zu untergraben.

Also, um meine Antwort zu paraphrasieren: nein. Nichts. Null. Nicht, bis sich die Establishment-Linke selbst auflöst.

Magsalin: Es gibt noch keine kohärente Bewegung gegen Polizeiarbeit und Inhaftierung auf den Philippinen. Obwohl ich denke, dass dies ein Bereich ist, in dem sich Anarchisten als Abolitionisten hervortun können.

Was den Widerstand gegen faschistische Milizen angeht, so sieht sich die Neue Volksarmee (NPA: der bewaffnete Flügel der Kommunistischen Partei der Philippinen) sicherlich als die anti-pasistang (antifaschistischen) Helden des Volkes. Sie kämpfen in der Tat gegen antikommunistische Milizen, aber sie waren auch treue Unterstützer und Apologeten für Duterte in seiner Präsidentschaftskampagne und frühen Präsidentschaft. Die NPA hat auch bewiesen, dass sie die Logik der Polizeiarbeit wie in ihrem eigenen Anti-Drogen-Krieg reproduziert, als sie um Duterte warb. Selbst wenn die NPA buchstäbliche Faschisten bekämpft, glaube ich nicht, dass wir uns auf sie verlassen können. Ihr Programm der Nationalen Demokratie hat sich immer wieder auf die Seite von Teilen der sogenannten Nationalen Bourgeoisie geschlagen. Jetzt versuchen sie, sich mit Leni Robledo zu verbünden, der ins Abseits geratenen Vizepräsidentin der Philippinen und damit einer weiteren Liberalen, deren Reichtum während der Pandemie nur gewachsen ist. Wenn es etwas gibt, was globale radikale Bewegungen aus dieser Komödie der Irrtümer lernen können, dann dass Opportunismus nicht funktioniert. Die Zusammenarbeit mit Populisten und Liberalen wird uns keine Befreiung bringen.

Asia Art Tours: Ein Großteil der Kritik, die ich von Anarchisten auf den Philippinen gelesen habe, ist, dass Bewegungen wie der Kommunismus entweder vom Staat vereinnahmt wurden oder zu spröden, dogmatischen Institutionen verkalkt sind.

Könntet ihr uns erklären, wie es anderen linken Strömungen (wie der Sozialdemokratie oder dem Kommunismus) in der Geschichte der Philippinen ergangen ist und wie sie (wenn ich die Kritik richtig lese) entweder vom Staat vereinnahmt oder zu Parodien des Staates wurden?

Malaginoo: Die meisten nicht-nationaldemokratischen Tendenzen haben drei Wege eingeschlagen: den bewaffneten Kampf, die Gewerkschaftsbewegung und die Wahlpolitik. Es geht ihnen einigermaßen gut, aber der Schatten der Establishment-Linken schwebt über ihnen. Was lustig ist; wir brauchen den Staat nicht, um Radikalismus zu kooptieren – die Nat-Dems tun das für uns!

Magsalin: Ich stimme mit Malaginoos Einschätzung überein. Die Nationaldemokratie hat die Tendenz, den Radikalismus zu kooptieren und einzuschränken, anstatt ihn zu verstärken. Der Historiker Joseph Scalice hat gezeigt, dass das Programm und die Praxis des Stalinismus in der alten Partido Komunista ng Pilipinas (PKP-1930; alte kommunistische Partei) und der Nationalen Demokratie der neueren Kommunistischen Partei der Philippinen immer darin bestand, die Bewegung der Arbeiterklasse den Interessen einer Fraktion der sogenannten „Nationalen Bourgeoisie“ unterzuordnen. Die alte PKP-1930 verbündete sich mit Präsident Macapagal10 und dann mit dem Diktator Marcos, aber dieser Opportunismus konnte sich nicht in realen Erfolgen manifestieren. Dies wiederholte sich mit den nationaldemokratischen Kräften im Makabayan-Block, die sich ständig mit den bürgerlichen Populisten und Liberalen verbündeten, zuerst mit dem Präsidentschaftskandidaten Manny Villar im Jahr 2010, dann mit Grace Poe im Jahr 2015. Dann trat Rodrigo Duterte auf den Plan und Partei-Ideologen wie Joma Sison unterstützten Duterte voll und ganz und merkwürdigerweise folgte der Makabayan-Block ebenfalls und unterstützte Duterte durch seine Aktionen und Kampagnen vor Ort, während die Führung des Makabayan-Blocks immer noch Lippenbekenntnisse zu ihrem Bündnis mit Grace Poe abgab. So gewann Duterte die Präsidentschaft mit der Hilfe sowohl der Untergrund- als auch der legalen Nat-Dem-Organisationen.

Die Nat-Dems haben dann die Duterte-Administration gedeckt. Sie behaupten, dass sie in einer „kritischen Allianz“ mit Duterte waren und sie machten ein wenig Lärm in Bezug auf den praktisch genozidalen Krieg gegen Drogen, aber sie fuhren fort, den Präsidenten und seine Politik zu unterstützen, bis es klar war, dass ihr Opportunismus ihnen nichts einbrachte und Duterte keine Absicht hatte, ihre Probleme wirklich zu lösen. Die Nat-Dems wurden benutzt und bis heute weigern sie sich, ihre Rolle bei der Deckung von Duterte und dabei, ihm zu erlauben, seine mörderische Politik umzusetzen, anzuerkennen. Ich würde denken, dass dieser konsequente Opportunismus einige in den Reihen der Nationaldemokraten desillusioniert hat, wenn auch nicht genug, um eine sichtbare Wirkung zu erzielen.

Den Sozialdemokraten erging es nicht viel besser. Akbayan ist die größte sozialdemokratische Gruppierung im Lande und sie haben sich während der Präsidentschaft von Noynoy Aquino im Wesentlichen zum sozialdemokratischen Flügel der Liberalen Partei entwickelt. Sie waren mitverantwortlich dafür, dass die Aquino-Administration so schlecht dastand, dass der wichtigste Akbayan-Ideologe Walden Bello angewidert zurücktrat. Jetzt sind Akbayan und ihr Jugendflügel durch den Erfolg des demokratischen Sozialismus in den Vereinigten Staaten aufgewühlt, so dass sie sich jetzt unter diesem Banner organisieren. Lobenswerterweise weigerten sie sich, Dutertes Kandidatur und Präsidentschaft zu unterstützen, aber leider arbeiten sie immer noch mit liberalen Oppositionellen zusammen. Die Zeit wird zeigen, ob sie eine prinzipientreue Position einnehmen werden oder ob ihr Opportunismus sie wieder stolpern lässt.

Zum Schluss, du hast nach diesen Tendenzen als Parodien des Staates gefragt. Nun, letzten Endes sind alle Parteien, ob sozialdemokratisch, nationaldemokratisch oder kommunistisch, ein Staat im Wartestand, sozusagen eine kleine Parodie des Staates selbst. In einem Parteiapparat sehen wir die Konzentration der Macht in einem Kreis von wenigen Persönlichkeiten oder einem Komitee. Wir sehen eine Arbeitsteilung zwischen denen, die entscheiden und denen, die ausführen. Dies repliziert die sozialen Beziehungen des Staates, wo es einige gibt, die Handlungsfähigkeit und Macht haben, und andere, die dies nicht haben. In der Tat kann diese Macht und Handlungsfähigkeit sogar die Macht über Leben und Tod sein, wo glühende Kommunisten während der Säuberungen innerhalb der CPP vor mehreren Jahrzehnten von ihren Mitkadern ermordet wurden. Diese Morde hörten nicht innerhalb der Partei auf, die CPP befahl auch die Ermordung rivalisierender Sozialisten und Sozialdemokraten. Niemand sollte jemals die Macht haben, seine Genossinnen und Genossen zu ermorden. Keine revolutionäre Gruppe sollte Attentate als Mittel zum Umgang mit Rivalen einsetzen; es ist klar, dass ihre Ideen nicht standhalten konnten. Die Nationaldemokratie ist nicht nur eine Geschichte der Niederlagen, sondern auch eine Geschichte des Verrats.

Asia Art Tours: Gibt es irgendwelche Punkte der Solidarität oder strategische Bündnisse, die Anarchisten mit Kommunisten/Sozialdemokraten oder Liberalen auf den Philippinen haben oder eingehen?

Magsalin: Ich erkenne, dass es noch Aufgaben gibt, bei denen wir mit den Sozialdemokraten und Sozialisten zusammenarbeiten können. Eine davon ist der Widerstand gegen das Anti-Terror-Gesetz, das die Organisierung gegen Unterdrückung praktisch als Terrorismus einstuft. Doch bei der Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten und Sozialisten vergessen wir nicht unsere Prinzipien. Wir werden unsere roten Freunde nicht davon abhalten, juristische und andere Mittel zu ergreifen, aber wir erinnern sie nachdrücklich daran, dass wir nicht darauf vertrauen können, dass solche Mittel uns den Sieg sichern können. Schließlich werden die Petitionen gegen das Anti-Terror-Gesetz vor dem Obersten Gerichtshof von Richtern angehört, die von Duterte ernannt wurden. Diese vermittelten Institutionen gehören nicht uns, sie gehören dem Staat. Die liberale Demokratie ist von vornherein dagegen aufgestellt. Wir können uns nicht auf diese Institutionen verlassen, um unsere Interessen zu verteidigen.

Asia Art Tours: Um nun den Anarchismus in den Mittelpunkt zu stellen, könntet ihr uns ein historisches Beispiel nennen, das ihr für sinnvoll haltet, um den Anarchismus zu erklären, der heute auf den Philippinen existiert (zum Beispiel die Diliman-Kommune)?

Magsalin: Wie in vielen (aber nicht allen) anderen kolonisierten Ländern müssen wir uns daran erinnern, dass die Staatenlosigkeit für viele Menschen die primäre Lebensform war. Sicherlich gab es proto-staatliche Gruppierungen wie monarchische Häuptlingstümer, aber was es auch gab und immer noch gibt, sind indigene Völker wie die Ifugao, die ganze Berge geschnitzt und im Wesentlichen vergewaltigungsfreie Gesellschaften aufgebaut haben, alles ohne den Einsatz von Staaten, Sklaverei oder Polizei.

Nicht nur, dass diese indigenen Formen der Freiheit immer noch existieren und fortbestehen, auch städtische Formen wie der Barangay (eine subkommunale Regierungseinheit) haben zeitweise bewiesen, dass sie ein gewisses Potenzial für befreiende Projekte haben. Der libertäre Theoretiker Murray Bookchin stellte fest, dass die Kommunalpolitik historisch zu befreienden politischen Projekten gedrängt wurde, in denen sich die Menschen als gleichberechtigte Bürger begegnen und in freier Weise beraten. Wir müssen jedoch auch erkennen, dass es zwar ein befreiendes Potenzial gibt, die Realität aber auch sein kann, dass der Barangay ein Ort der Vereinnahmung durch politische Dynastien ist und als feudales Lehen behandelt werden kann.

Neben den Organisationsformen gab es auf dem Archipel auch eine Geschichte der gegenseitigen Hilfe und der direkten Aktion. Der anarchistische Wissenschaftler Peter Kropotkin stellte fest, dass gegenseitige Hilfe in jeder Gesellschaft und Tradition der Welt in irgendeiner Form existiert. Auf den Philippinen ist dies bayanihan, dessen Bild ein Dorf (oder bayan) heraufbeschwört, das ein Haus trägt, um seinen Nachbarn beim Umzug zu helfen.

In einem anderen Beispiel für direkte Aktion praktizieren Bauern auf dem Lande bungkalan oder die Bewirtschaftung von Land, das ihnen nicht gehört, um es faktisch zu enteignen und die abwesenden Besitzer anzugreifen (and strike at absentee holdings). Städtische Gruppen wie die Nat-Dem-Gruppe Kadamay praktizierten ebenfalls direkte Aktion, als sie 2017 leerstehende Häuser enteigneten; sie wurden dafür sogar als Anarchisten bezeichnet, sehr zu ihrer Bestürzung!

Was die Diliman-Kommune betrifft, in der radikale Studenten einen Aufstand inszenierten, so haben wir in dieser Episode gesehen, wie sich Studenten und Fakultäten auf eine freie und egalitäre Weise spontan organisieren konnten. Obwohl Kader an der Diliman-Kommune beteiligt waren, war die Art und Weise, wie der Aufstand inszeniert wurde, bemerkenswert unhierarchisch. Das ist das Wesen von revolutionären Situationen wie der Pariser Kommune, der Russischen Revolution und Frankreich 1968. In all diesen Situationen, einschließlich der Diliman-Kommune, tendierten die spontanen Organisationsformen zu nicht-hierarchischen Formen. Das könnte in Zukunft wieder so sein.

Asia Art Tours: Im Rahmen von Covid-19 auf den Philippinen, wo habt ihr gesehen, dass der Kapitalismus und der Staat darin versagen, für die Sicherheit und Gesundheit der Bürger zu sorgen? Und habt ihr das Aufkommen von anarchistischen Prinzipien oder Initiativen (wie gegenseitige Hilfe) gesehen, um diese Lücken zu füllen?

Lahumbuwan: Magsalin hat tatsächlich einen großartigen Artikel11 darüber geschrieben, wie die Militarisierung unserer Lockdowns das Versagen des Staates und des Kapitalismus hierzulande signalisiert. Polizei in Militäruniformen, Checkpoints – wir haben definitiv ein bisschen mehr Spielraum, seit wir in „kommunale Quarantäne“ gegangen sind, wie es hier genannt wird, aber wir sind auch dabei, im März 365 Tage des Lockdowns zu erreichen. Also ja, ich glaube nicht, dass es eine Übertreibung ist zu sagen, dass der Staat einfach total versagt hat, die Menschen sicher und gesund zu halten. Wir haben immer noch keinen Zugang zu Tests, Studenten auf dem ganzen Archipel sind gezwungen, die Schule aus der Ferne zu besuchen, und es gibt immer noch Bargeld-Hilfe, die nicht verteilt wurde. Und das kommt noch zu allem anderen hinzu, was diese spezielle Administration versucht, um alle Formen des Widerstands zu unterdrücken.

Was anarchistische Initiativen angeht, die auftauchen, um diese Lücken zu füllen, sind ein paar gute Beispiele die Hilfsinitiativen für die Taifune Rolly und Ulysses. Die Taifune kamen etwa im November letzten Jahres, trafen uns also genau in der Mitte der Pandemie. Wo der Staat bei den Rettungs- und Hilfsmaßnahmen nachlässig war, sind andere Leute eingesprungen. Man konnte sehen, wie sich Menschen online organisierten, um bei der Koordination von Rettungsaktionen zu helfen, und die sozialen Medien nach Informationen über Menschen durchkämmten, die auf den Dächern ihrer Häuser gestrandet waren. Natürlich mussten diese Informationen immer noch an die lokalen Behörden weitergeleitet werden, damit diese Maßnahmen ergreifen konnten, aber man hatte das Gefühl, dass diese Menschen es selbst getan hätten, wenn sie nur die Mittel zur Rettung gehabt hätten.

Die Spendenaktionen für Hilfsgüter nach dem Taifun waren keine definitiven Beispiele für gegenseitige Hilfe (obwohl es hier hin und wieder gegenseitige Hilfsaktionen gibt), aber sie waren Beispiele für Selbstorganisation. Meiner Erfahrung nach verlassen sich die Menschen normalerweise auf NGOs, nationaldemokratische Organisationen und Schulen, um diese Aktionen zu organisieren. Aber dieses Mal sahen wir Freundesgruppen, Fangemeinden und Affinitätsgruppen, die zu Spenden aufriefen. Sie trugen Waren zusammen, verpackten sie und schickten sie in die Provinzen, die sie benötigten, auf eigene Faust. Auch wenn es sich nicht um explizite oder eindeutige gegenseitige Hilfsinitiativen handelt, ist dies ein vielversprechendes Beispiel für das Potenzial des Anarchismus auf den Philippinen. Er ist bereits hier und wächst aus der Schale dieser toten Dinge (wie er es immer tut).

Asia Art Tours: Und was sind schließlich reale, greifbare Wege, um international Solidarität mit den Philippinen und den Kämpfen, die dort (und an so vielen anderen Orten) geführt werden, aufzubauen?

Magsalin: Ich bekomme manchmal Nachrichten von Leuten, die sagen, sie wüssten nicht, welche Filipino/a/xs sie unterstützen sollen, wenn nationaldemokratische Gruppen den Radikalismus in der philippinischen Diaspora dominieren. International sind die nationaldemokratischen Diaspora-Organisationen – die sogenannte „kasama“-Tendenz vom Tagalog-Wort für „Genosse“ – eine der wenigen Gruppen, die sowohl den amerikanischen als auch den VRC-Imperialismus anprangern. (Obwohl ich hinzufügen möchte, dass sie es nicht aus Prinzip tun; sie tun es aus nationalistischen Interessen). Diese Kasamas finden eine natürliche Affinität mit der Hongkonger Diaspora, die in ähnlicher Weise gegen den Imperialismus der Volksrepublik China kämpft, und diese Hongkonger finden wegen des Tankie-Phänomens nur wenige Verbündete unter der radikalen Linken.

Was ich diesen Gruppen wie den Hongkong-Diasporas sage, ist, dass die schädlichen Elemente letztlich die Kader innerhalb der Nat-Dem-Organisationen sind, nicht die Basis im Speziellen. Also gebt ihnen vielleicht kein Geld, aber wenn sie Aktionen zur gegenseitigen Hilfe machen, könnt ihr ihnen helfen. Obwohl mir von philippinischen Gefährtinnen und Gefährten in Turtle Island gesagt wurde, dass kasamas neue Rekruten ausbeuten, bis sie ausgebrannt sind; ich schlage vor, beurteile das angesichts der Umstände selbst. Wie immer, sei argwöhnisch gegenüber Führerschaft.

Was andere greifbare Wege angeht, ist eine Empfehlung von Bildung und Selbststudium immer gut. Es gibt einige unter den internationalen libertären und anarchistischen Tendenzen, die denken, die CPP und die NPA seien die „guten Kommunisten“, nur weil sie gegen die Duterte-Regierung kämpfen. Diese kritische Unterstützung kommt aus einer Unkenntnis der opportunistischen Politik und stalinistischen Praxis der Partei. Sollten die Leute wissen, dass die Partei konsequent mit bürgerlichen Fraktionen kollaboriert oder dass sie ihre eigene Basis ermordet und Sozialisten und Sozialdemokraten ermordet hat, sollte diese Unterstützung verkümmern.

Ich denke, man kann mit den Aktivisten der Nationaldemokraten, die ins Visier genommen und ermordet wurden, solidarisch sein und gleichzeitig unsere Kritik an ihrer Parteilinie und kollaborationistischen Strategie aufrechterhalten. Das läuft auf eine taktische Einheit gegen staatliche Repression hinaus, während man eine unabhängige Politik beibehält.

 

1A.d.Ü., das Wort trapo kommt aus dem Spanischen und bedeutet (Putz-)Lappen. Auf den Philippinen wird es auch benutzt um „traditionelle Politiker“ (tra-po) zu bezeichnen, die nur ihre eigenen Interessen vertreten und alles tun, um an der Macht zu bleiben, falsche Versprechungen machen, opportunistisch ihre Fahne je nach Windrichtung drehen, also das, was Politiker halt so tun. Die negative Konnotation von Schmutz, die mit dieser doppelten Bedeutung einhergeht, ist dabei beabsichtigt.

2A.d.Ü., die National Democracy (Nationale Demokratie) ist eine marxistisch-leninistisch-maoistische Ideologie und Bewegung auf den Philippinen, die die darauf abzielt eine „Volksdemokratie“ zu erschaffen, selbstverständlich mit der Kommunistischen Partei der Philippinen (Partido Komunista ng Pilipinas oder Communist Party of the Philippines (CPP)) als Avantgarde, ausgehend von Maos „Neuer Demokratie“. Entwickelt wurde sie in den späten 1960ern und frühen 1970ern während der Präsidentschaft von Ferdinand Marcos vor allem von Jose Maria Sison in Struggle for National Democracy (1967) und in Philippine Society and Revolution (1971), das er unter seinem Nom de Guerre „Amado Guerrero“ veröffentlichte. Unter dem Banner der National Democratic Mass Organization finden sich eine Vielzahl von sektoralen Massenorganisationen (Berufs- und Frauenverbände, religiöse Gruppen, usw.), die sich den Prinzipien der Nationalen Demokratie und der Bewegung zugehörig fühlen.

3A.d.Ü., Rodrigo Roa Duterte startete direkt nach seinem Amtsantritt als Präsident der Philippinen am 30. Juni 2016 eine Antidrogenpolitik unter dem Label „War on Drugs“ (Krieg gegen Drogen). Das Ziel dieser Politik ist landesweite Neutralisierung Personen, die mit illegalen Drogen zu tun haben, wozu er, neben der Aufforderung an die Bevölkerung Kriminelle und Drogenabhängige zu töten, auch die maoistische Guerilla New Peoples Army (NPA, auch Bagong Hukbong Bayan, zu deutsch: Neue Volksarmee) zur Unterstützung aufrief. Offiziell wurden im Zuge dieser Politik bis Januar 2019 5.100 Menschen getötet, laut Menschenrechts- und Nachrichtenorganisationen sollen es über 12.000 oder über 20.000 sein.

4A.d.Ü., Ferdinand Emmanuel Edralin Marcos Sr. war von 1965 bis 1986 Präsident der Philippinen, wobei er, nachdem er das Kriegsrecht ausgerufen hatte, von 1972 bis 1981 als Diktator regierte. Im Februar 1986 wurde er durch die sogenannte EDSA-Revolution, benannt nach nach der Straße, auf der die größten Demonstrationen stattfanden (Epifanio de los Santos Avenue), gestürzt und floh über Guam nach Hawaii, wo er 1989 verstarb. Seine Regierungszeit war geprägt von Kleptokratie, außergerichtlichen und standrechtlichen Erschießungen, Folter, Massakern, Verschwindenlassen, Entführungen, extravagantem Personenkult und der Aufrüstung des Militärapparates.

5A.d.Ü., die Makanayang Koalisyon ng Mamamayan (Makabayan) (zu deutsch: Patriotische Koalition des Volkes) ist eine Koalition aus zwölf linksgerichteten, nationaldemokratischen Parteien im philippinischen Repräsentantenhaus.

6A.d.Ü., Jose Maria Sison gilt als Erfinder der Nationalen Demokratie (siehe Fußnote 2), gründete 1968 die Kommunistische Partei der Philippinen neu, die sich sich im Gegensatz zur alten moskautreuen Kommunistischen Partei an den Maoismus anlehnte, und war an der Schaffung der Neuen Volksarmee (NPA) 1969 beteiligt. 1977 wurde unter Regierung von Marcos verhaftet und kam erst nach dessen Absetzung 1986 wieder frei. Im selben Jahr begab er sich dann auf eine Welttournee, wo ihm 1988, als er sich gerade in den Niederlanden aufhielt, mitgeteilt wurde, dass ihm sein Pass entzogen worden sei und Anklage gegen ihn auf der Grundlage des philippinischen Anti-Subversions-Gesetzes erhoben worden wäre. Diese Anklagen wurden später fallen gelassen. Seitdem lebt er als anerkannter politischer Flüchtling in den Niederlanden und seit 2002 wird er von den USA und der EU auf der Liste der Unterstützer des Terrors geführt. 2009 entschied der Europäische Gerichtshof ihn von der Liste zu streichen und die Einfrierung seiner Konten aufzuheben.

7A.d.Ü., Tankie wurde ursprünglich verwendet um Mitglieder der Kommunistischen Partei Großbritanniens (Communist Party of Great Britain (CPGB), seit 1991 nicht mehr aktiv) zu bezeichnen, die der Linie der KPdSU folgten und den Einsatz von sowjetischen Panzern (englisch: tanks) bei der Niederschlagung des Ungarischen Volksaufstands 1956 und des Prager Frühlings 1968 befürworteten. Heutzutage wird der Begriff tankie vor allem im Internet verwendet, um autoritäre Kommunisten und Sozialisten zu bezeichnen, die Stalin und Konsorten abfeiern.

8A.d.Ü., die Davao Death Squad (DDS) ist eine Art Bürgerwehr in Davao City, der Verbindungen zur Duterte-Dynastie nachgesagt wird. Die DDS, die sich wohl hauptsächlich aus ehemaligen und aktiven Polizeibeamten zusammensetzt, soll für die standrechtliche Erschießung von über Tausend Straßenkindern, Kleinkriminellen und Drogendealern in den Jahren von 1998 bis 2008 verantwortlich sein. Rodrigo Duterte war von 1988-1998, 2001-2010 und von 2013-2016 Bürgermeister von Davao City, zusätzlich war er von 1998-2001 Vizebürgermeister, während seine Tochter Sara Duterte Bürgermeisterin war (Sara Duterte ist seit 2016 wieder die aktuelle Bürgermeisterin von Davao City, von 2018-2019 war ihr Bruder Paolo Duerte Vizebürgermeister, seit 2019 ist dies ihr Bruder Sebastian Duterte). Duterte hat sich immer wieder positiv auf die DDS bezogen und zeitweise mit den ihm nachgesagten Verbindungen zu ihr kokettiert.

9A.d.Ü., Citizen Armed Force Geographical Unit (CAFGU) ist eine irreguläre Hilfstruppe der philippinischen Armee und wird hauptsächlich dafür eingesetzt, um zu verhindern, dass ehemals aufständische Gemeinden und Dörfern erneut von Aufständischen infiltriert werden. Auch ihr werden zahlreiche Menschenrechtsverstöße vorgeworfen.

10A.d.Ü., Diosdado Macapagal war von 1961 bis 1965 Präsident der Philippinen, seine Tochter Gloria Macapagal Arroyo war übrigens von 2001 bis 2010 Präsidentin der Philippinen.

11A.d.Ü., hier auf englisch zu finden.

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