Gefunden auf el salariado, die Übersetzung ist von uns. Hier ein weiterer Text in der Reihe der sich mit der Kritik mit dem Antifaschismus befasst. Inhaltlich immer noch brandaktuell und mit vielen Punkten die nach wie vor zur Debatte stehen.
Antifaschismus: Verwirrende Formel
BILAN Nr. 7, Mai 1934.
Sehr wahrscheinlich übertrifft die gegenwärtige Situation, was das Ausmaß der Verwirrung angeht, frühere Situationen revolutionären Aufschwungs. Das liegt zum einen an der konterrevolutionären Entwicklung dessen, was das Proletariat nach großen Kämpfen in der Nachkriegszeit erobert hat: der russische Staat, die Dritte Internationale usw., und zum anderen an der Unfähigkeit der Arbeiter, dieser Entwicklung eine Front des ideologischen und revolutionären Widerstands entgegenzusetzen. Die Verflechtung dieser Phänomene mit der brutalen Offensive des Kapitalismus, die auf die Bildung von Blöcken mit Blick auf den Krieg ausgerichtet ist, provoziert Arbeiterkämpfe und manchmal auch große Schlachten (Österreich). Aber diese Schlachten brechen nicht die Macht des Zentrismus1, der einzigen politischen Massenorganisation, die bereits zu den Kräften der weltweiten Konterrevolution übergelaufen ist.
Angesichts solcher Niederlagen ist Verwirrung nichts anderes als das Ergebnis des Kapitalismus, der den Arbeiterstaat, den Zentrismus, in seine Überlebensnotwendigkeiten einbezogen und ihn auf das Terrain gebracht hat, auf dem seit 1914 die heimtückischen Kräfte der Sozialdemokratie, der Hauptfaktor für die Zersetzung des Bewusstseins der Massen und das qualifizierte Sprachrohr der Parolen von proletarischen Niederlagen und kapitalistischen Siegen, agieren.
In diesem Artikel werden wir eine typische verwirrende Formel untersuchen, die in Arbeitermedien die sich als linke (?) bezeichnenen, als „Antifaschismus“ bekannt ist.
Wir werden uns hier nicht mit der Analyse der Situation in Ländern wie Frankreich oder Belgien beschäftigen (Länder, in denen sich dieses Problem sehr konkret stellt), eine Analyse, deren vermeintliches Ziel es sein sollte, zu wissen, ob die Gefahr eines bevorstehenden faschistischen Angriffs besteht oder nicht; ebenso wenig werden wir uns der Analyse jener Position widmen, nach der sich derzeit und auf internationaler Ebene eine Perspektive der Ausdehnung faschistischer Regime in allen Ländern auftut. Andererseits werden wir hier weder die theoretischen Probleme analysieren, die der Faschismus aufwirft, noch die Position, die das Proletariat angesichts des faschistischen Angriffs gegenüber den demokratischen Institutionen einnehmen sollte. All diese Probleme werden in anderen Artikeln behandelt. Um unsere Ausführungen klarer zu machen, beschränken wir uns auf ein konkretes Problem: den Antifaschismus und die Kampffront, die um diese Formel herum aufgebaut werden soll.
Es liegt auf der Hand, oder zumindest war es früher so, dass vor dem Aufstellen eines Kampfes der Klasse die zu erreichenden Ziele, die einzusetzenden Mittel und die Klassenkräfte, die dafür eingreifen können, festgelegt werden müssen. Diese Überlegungen haben nichts „Theoretisches“ an sich, und deshalb sind wir der Meinung, dass sie nicht der oberflächlichen Kritik all jener Elemente ausgesetzt sind, die der „Theorien“ überdrüssig sind und deren Regel es ist, ohne Rücksicht auf theoretische Klarheit mit jeder Bewegung auf der Grundlage eines beliebigen Programms zu spielen, solange es „Aktion“ gibt. Wir gehören natürlich zu denjenigen, die der Meinung sind, dass die Aktion nicht auf dem „Picken“ hier und da oder dem individuellen guten Willen beruht, sondern auf den Situationen selbst. Außerdem ist theoretische Arbeit, wenn es ums Handeln geht, unerlässlich, um die Arbeiterklasse vor weiteren Niederlagen zu bewahren. Die Verachtung, die so viele Militante der theoretischen Arbeit entgegenbringen, muss man verstehen, denn in der Realität geht es ihnen immer darum, die wesentlichen Konzepte des Feindes, der Sozialdemokratie, als Ersatz für proletarische Positionen in die revolutionären Milieus heimlich einzuschleusen, während sie gleichzeitig verkünden, dass wir um jeden Preis handeln müssen, um „das Rennen“ gegen den Faschismus zu gewinnen.
Was also das Problem des Antifaschismus angeht, so ist das, was seine zahlreichen Anhänger leitet, nicht nur ihre Verachtung für theoretische Arbeit, sondern auch ihre dumme Manie, die Verwirrung zu erzeugen und zu verbreiten, die notwendig ist, um eine breite Front des Widerstands zu bilden. Keine Vorurteile, kein Setzen von Grenzen, kein Verlust potenzieller Verbündeter und keine Möglichkeit, sich im Kampf zu engagieren, das ist die Parole des Antifaschismus. Und so, denken wir, der Antifaschismus idealisiert die Verwirrung bis zu dem Punkt, dass er sie sogar zu einem Faktor für den Sieg macht. Erinnern wir uns daran, dass Marx vor mehr als einem halben Jahrhundert zu Weitling sagte, dass Ignoranz für die Arbeiterbewegung niemals von Nutzen sei.
Anstatt die Ziele des Kampfes, die einzusetzenden Mittel und die notwendigen Programme darzulegen, wird heute die oberste Quintessenz der marxistischen Strategie (Marx würde sie Ignoranz nennen) auf diese Weise präsentiert: ein Adjektiv aufzugreifen, das offensichtlich meist „leninistisch“ ist, und dann unter allen Umständen und in einem völlig anderen Kontext die Situation in Russland 1917 und Kornilows Septemberattentat heraufzubeschwören. Leider! aber das war eine Zeit, in der proletarische Militante ihren Kopf noch am richtigen Platz hatten und historische Erfahrungen analysierten. Damals analysierten sie zunächst, ob sich politische Parallelen zwischen der vergangenen Situation und der Gegenwart ziehen lassen, bevor sie Ähnlichkeiten zwischen ihrer Epoche und den Erfahrungen der Vergangenheit zogen; aber diese Epoche scheint vorbei zu sein, vor allem wenn wir uns die Phraseologie ansehen, die proletarische Gruppen heute verwenden.
Es sei sinnlos, den Kontext des Klassenkampfes in Russland 1917 mit dem von heute in den verschiedenen Ländern zu vergleichen; und es sei auch sinnlos zu prüfen, ob das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen damals gewisse Analogien zu dem von heute aufweist. Da der Sieg von 1917 eine historische Tatsache ist, würde es genügen, die Taktik der russischen Bolschewiki zu kopieren, und im Allgemeinen ist das Ergebnis eine sehr schlechte Kopie, die je nachdem, wer sich mit der Interpretation dieser Ereignisse aus entgegengesetzten Prinzipien beschäftigt, unterschiedlich ausfällt.
Welchen Unterschied macht es, dass der Kapitalismus in Russland seine erste Erfahrung mit der Staatsmacht machte und der Faschismus dagegen in Ländern entstand, in denen der Kapitalismus bereits seit Jahrzehnten an der Macht war, oder dass in Russland 1917 eine revolutionäre und vulkanische Situation herrschte, die nichts mit der reaktionären Situation von heute zu tun hat? Das kümmert unsere heutigen „Leninisten“ nicht. Im Gegenteil, ihre bewundernswerte Gelassenheit wird nicht durch das Unbehagen erschüttert, die Ereignisse von 1917 mit denen von heute auf der Grundlage der deutschen und italienischen Erfahrungen ernsthafter zu vergleichen. Kornilov erklärt das alles. Dank dieser politischen Akrobatik können wir also zwei gegensätzliche Situationen vergleichen: die eine reaktionär, die andere revolutionär, und dann werden wir zu dem Schluss kommen, dass der Sieg von Mussolini und Hitler darauf zurückzuführen ist, dass die kommunistischen Parteien die klassische Taktik der Bolschewiki 1917 nicht richtig angewandt haben.
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Für den Antifaschismus spielen politische Überlegungen keine Rolle. Sein Ziel ist es, alle, die vom faschistischen Angriff bedroht sind, zu einer Art „Gewerkschaft/Syndikat der Bedrohten“ zusammenzuschließen.
Die Sozialdemokratie wird den Radikal-Sozialisten sagen, dass sie sich um ihre eigene Sicherheit kümmern und sofort Maßnahmen ergreifen müssen, um sich gegen die faschistische Bedrohung zu verteidigen: Herriot und Daladier könnten auch ihre Opfer werden. L. Blum wird sogar noch weiter gehen: Er wird Doumergue eindringlich davor warnen, dass er wie Brüning enden könnte, wenn er sich nicht vor dem Faschismus in Acht nimmt. Der Zentrismus seinerseits wird sich an „die sozialistische Basis“ wenden, oder umgekehrt, die S.F.I.O. (A.d.Ü., Section française de l’Internationale ouvrière) wird sich an die Zentristen wenden, um die Einheitsfront zu verwirklichen, denn Sozialisten und Kommunisten sind durch den faschistischen Angriff bedroht. Und dann gibt es noch die Bolschewiki-Leninisten, die großspurig verkünden werden, dass sie bereit sind, eine Kampffront zu bilden, die alle politischen Erwägungen/Überlegungen beiseite lässt und auf der Grundlage einer dauerhaften Solidarität aller „Arbeiter“-Organisationen (?) gegen die faschistischen Intrigen beruht.
Was all diese Spekulationen antreibt, ist etwas sehr Einfaches, zu einfach, um die Wahrheit zu sagen: alle „Bedrohten“, die den Wunsch teilen, dem Tod zu entkommen, in einer gemeinsamen antifaschistischen Front zu vereinen. Eine nur oberflächliche Analyse zeigt jedoch, dass sich hinter der idyllischen Einfachheit dieses Vorschlags in Wirklichkeit die totale Abkehr von den grundlegenden Positionen des Marxismus, die Verleugnung vergangener Erfahrungen und der Bedeutung aktueller Ereignisse verbirgt. Natürlich ist es einfach zu sagen, dass Herriot falsch liegt, wenn er Teil der Regierung ist, die nach der „Meuterei“ vom 6. Februar gebildet wurde, und dass er sich daran erinnern sollte, dass in Italien der liberale Amendola, der Teil der Regierung war, die die Macht an den Faschismus abtrat, von diesem ermordet wurde. Es ist auch leicht zu sagen, dass die radikale sozialistische Partei in Clermont-Ferrand Selbstmord beging, indem sie den „Waffenstillstand zwischen den Parteien“ unterzeichnete: Die deutsche Erfahrung zeigt, dass der „Waffenstillstand“ von Brüning dem Faschismus hervorragend diente und die demokratischen Parteien nicht verschonte. Und schließlich könnten wir genauso gut zu dem Schluss kommen, dass die französischen und belgischen Sozialisten aus den Ereignissen in Deutschland und Österreich die endgültigen Lehren ziehen sollten, die sie vor dem sicheren Tod bewahren und sie dazu bringen könnten, mit einer revolutionären Politik zu reagieren. Die Zentristen wiederum sollten, dem gleichen Evangelium folgend, im Schicksal von Thälmann und in den Konzentrationslagern sehen, dass es notwendig ist, die Taktik der Einheitsfront, die nicht als Kampf der Arbeiterklasse, sondern als Mittel zur „Zerstörung der sozialistischen Partei“ verstanden wird, aufzugeben und sich auf „ehrliche“ Weise an dieser Front zu beteiligen, wie es der Rechtsaußen und Philo-Sozialdemokrat Doriot fordert, indem er sich auf die Arbeiter von Saint-Denis stützt und inmitten der Verwirrung ihren Wunsch nach Kampf und ihre Reaktion auf den Zentrismus kanalisiert.
Aber all diese Überlegungen darüber, was die Radikalen, Sozialisten und Zentristen tun müssten, um sich und ihre Institutionen zu retten, all diese Predigten „ex cathedra“ werden den Lauf der Dinge in keiner Weise ändern, denn das Problem ist folgendes: Die Radikalen, die Sozialisten und die Zentristen können nicht zu Kommunisten gemacht werden, der Kampf gegen den Faschismus kann nur auf der Grundlage einer Kampffront für die proletarische Revolution geführt werden. Und die belgische Sozialdemokratie wird trotz dieser Predigten nicht aufhören, Pläne zur Wiederbelebung des Kapitalismus zu schmieden, wird nicht zögern, alle Klassenkonflikte zu torpedieren und wird die Gewerkschaften/Syndikate ohne mit der Wimper zu zucken dem Kapitalismus ausliefern. Doumergue wird in die Fußstapfen von Brüning, Blum in die Fußstapfen von Bauer und Cachin in die Fußstapfen von Thälmann treten.
Wir betonen, dass es in diesem Artikel nicht darum geht, ob man die Situation in Belgien oder Frankreich mit den Umständen vergleichen kann, die zum Aufstieg des Faschismus in Italien oder Deutschland geführt haben. Der Vergleich, den wir zwischen Doumergue und Brüning anstellen, bezieht sich auf die Funktion, die sie in zwei grundverschiedenen kapitalistischen Ländern haben, nämlich, wie Blum und Cachin, das Proletariat ruhigzustellen, sein Klassenbewusstsein zu korrumpieren und dem Staatsapparat zu ermöglichen, sich an die neuen Bedingungen des innerimperialistischen Kampfes anzupassen. Es gibt Grund zu der Annahme, dass sich in Frankreich die Erfahrungen von Thiers, Clémenceau und Pointcaré mit Doumergue wiederholen, dass wir Zeugen der Konzentration des Kapitalismus um seine rechten Kräfte werden, ohne dass dies die Strangulierung der radikal-sozialistischen oder sozialistischen Organisationen der Bourgeoisie bedeutet. Andererseits ist es ein schwerer Fehler, die proletarische Taktik auf die politischen Positionen zu gründen, die sich aus einer bloßen Perspektive ergeben.
Das Problem besteht nicht darin, zu behaupten, dass wir, da der Faschismus uns bedroht, die Einheitsfront der Antifaschisten und Antifaschistinnen aufstellen müssen, sondern darin, die Positionen abzugrenzen, um die sich das Proletariat im Kampf gegen den Kapitalismus scharen kann. Das Problem so zu formulieren, bedeutet, die antifaschistischen Kräfte von dieser Front des Kampfes gegen den Kapitalismus auszuschließen, und auch diese Schlussfolgerung (die paradox erscheinen mag): Wenn sich der Kapitalismus schließlich auf den Faschismus zubewegt, liegt die Voraussetzung für den Sieg darin, dass weder das Programm noch die Klassenforderungen der Arbeiterinnen und Arbeiter geändert werden, während die Niederlage unvermeidlich ist, wenn das Proletariat in den antifaschistischen Sumpf abtaucht.
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Die Aktion von Individuen und gesellschaftlichen Kräften unterliegt nicht dem Gesetz der Erhaltung dieser Individuen oder dieser Kräfte, sondern ist klassenbezogen. Brüning oder Mateotti handelten nicht geleitet von ihren persönlichen Interessen oder den Ideen, zu denen sie sich bekannten, d.h. sie konnten nicht den Weg der proletarischen Revolution einschlagen, der allein ihr Leben vor der faschistischen Strangulierung gerettet hätte. Individuen und Kräfte handeln entsprechend der Klassen, von denen sie abhängen. Das erklärt, warum die heutigen Akteure in der französischen Politik lediglich in die Fußstapfen ihrer Vorgänger in anderen Ländern treten, wenn man davon ausgeht, dass die Hypothese von der Entwicklung (A.d.Ü., im Sinne einer Evolution) des französischen Kapitalismus hin zum Faschismus richtig ist.
Die Grundlagen der Formel des Antifaschismus (die Vereinigung aller Bedrohten) erweisen sich somit als absolut inkonsistent. Wenn wir andererseits untersuchen, woher die Idee des Antifaschismus kommt – zumindest in ihren programmatischen Postulaten – sehen wir, dass sie sich aus einer Unterscheidung zwischen Kapitalismus und Faschismus ableitet. Fragt man einen Sozialisten, einen Zentristen oder einen Bolschewik-Leninisten danach, werden sie alle bestätigen, dass Faschismus tatsächlich Kapitalismus ist. Der Sozialist wird zwar sagen: „Es liegt in unserem Interesse, die Verfassung und die Republik zu verteidigen, um den Sozialismus vorzubereiten“; der Zentrist wird bekräftigen, dass die Einheit der Arbeiterklasse leichter durch den Antifaschismus als durch den Kampf gegen den Kapitalismus zu erreichen ist; der Bolschewik-Leninist wird sagen, dass es keine bessere Grundlage für den Zusammenschluss und den Kampf gibt als die Verteidigung der demokratischen Institutionen, die der Kapitalismus der Arbeiterklasse nicht mehr garantieren kann. Es zeigt sich also, dass wir ausgehend von dem allgemeinen Postulat „Faschismus ist Kapitalismus“ zu politischen Schlussfolgerungen kommen können, die eine Unterscheidung zwischen Kapitalismus und Faschismus implizieren.
Die Erfahrung hat uns gezeigt, und das macht jede Unterscheidung zwischen Kapitalismus und Faschismus zunichte, dass die faschistische Transformation des Kapitalismus nicht vom Willen bestimmter Gruppen der Bourgeoisie abhängt, sondern den Bedürfnissen einer ganzen historischen Periode und den Besonderheiten der Situation bestimmter Staaten entspricht, die wenig Kraft haben, den Phänomenen der Krise und der Agonie des bourgeoisen Regimes entgegenzutreten. Aus den Erfahrungen Italiens und Deutschlands, soweit man sie unterscheiden kann, könnte man folgende Schlussfolgerung ziehen: Wenn der Kapitalismus gezwungen ist, die Gesellschaft auf faschistische Weise zu organisieren, stellen die faschistischen Bataillone die Stoßkräfte, die gegen die Klassenorganisationen des Proletariats gerichtet sind. Die demokratischen politischen Formationen der Bourgeoisie werden dann erklären, dass sie gegen den Faschismus sind, so dass das Proletariat darauf vertrauen kann, dass seine demokratischen Gesetze und seine Verfassung diese Institutionen verteidigen werden. Auf der anderen Seite wird die Sozialdemokratie, die nach demselben Muster wie die liberalen und demokratischen Kräfte vorgeht, ebenfalls an das Proletariat appellieren, so dass ihre zentrale Forderung darin bestehen wird, an den Staat heranzutreten, damit er die faschistischen Formationen zwingt, die Legalität zu respektieren und sie entwaffnet oder sogar auflöst. Diese drei politischen Strömungen folgen einem völlig einheitlichen Kurs: Ihre Quellen entspringen der kapitalistischen Notwendigkeit, dass der Faschismus triumphiert, wobei das Ziel des kapitalistischen Staates die Erneuerung der Organisation der kapitalistischen Gesellschaft ist.
Da der Faschismus auf die grundlegenden Forderungen des Kapitalismus antwortet, können wir ihn nur von einer entgegengesetzten Front aus wirklich bekämpfen. In der Tat sehen wir heute oft, wie unsere Diskussionspartner unsere Positionen verfälschen, indem sie es vermeiden, sie politisch zu bekämpfen. Es reicht zum Beispiel aus, der Formel des Antifaschismus (die keine politische Grundlage hat) zu widersprechen, indem man argumentiert, dass die Erfahrung zeigt, dass kapitalistische antifaschistische Kräfte für den Aufstieg des Faschismus genauso notwendig waren wie die faschistischen Kräfte selbst, damit jemand antwortet: „Die programmatische und politische Substanz des Antifaschismus zu analysieren ist irrelevant, wichtig ist, dass Daladier Doumergue vorzuziehen ist und dass Doumergue besser ist als Maurras, also ist es in unserem Interesse, Daladier gegen Doumergue und Doumergue gegen Maurras zu verteidigen“. Je nach den Umständen werden wir Daladier oder Doumergue verteidigen, weil sie ein Hindernis für den Sieg von Maurras darstellen und es uns darum geht, „den kleinsten Riss auszunutzen, um eine vorteilhafte Position für das Proletariat zu gewinnen“. Offensichtlich sind für sie die Ereignisse in Deutschland, wo die „Risse“, die zunächst die preußische und dann die Hindenburg-von Schleicher-Regierung darstellten, am Ende nichts anderes waren als so viele Schritte, die den Aufstieg des Faschismus ermöglichten, bloße Kleinigkeiten, die nicht berücksichtigt werden dürfen. Wir wissen, dass man unsere Position als anti-leninistisch oder anti-marxistisch brandmarken wird; man wird sagen, dass es uns egal ist, ob es eine rechte, linke oder faschistische Regierung gibt. Aber wir möchten ein für alle Mal folgendes Problem zur Sprache bringen: Ist die Position unserer Diskussionspartner, die dem Proletariat sagen, dass es die am wenigsten schlechte Organisationsform des kapitalistischen Staates wählen muss, angesichts der Veränderungen, die in der Nachkriegssituation stattgefunden haben, nicht die gleiche wie die Position Bernsteins, als er den Arbeitern sagte, dass ihr Ziel die bestmögliche Form des kapitalistischen Staates sein sollte? Vielleicht werden sie antworten, dass es nicht darum geht, dass das Proletariat die Regierung unterstützt, die es für die beste Herrschaftsform hält… vom proletarischen Standpunkt aus gesehen, sondern dass es einfach darum geht, die Positionen des Proletariats zu stärken, damit es ihm gelingt, dem Kapitalismus eine demokratische Regierungsform aufzuzwingen. In jedem Fall ändern sich die Formulierungen, aber der Inhalt ist derselbe. Denn wenn das Proletariat wirklich in der Lage ist, der Bourgeoisie eine Regierungsform aufzuzwingen, warum sollte es sich dann auf dieses Ziel beschränken, anstatt seine eigenen Forderungen nach der Zerstörung des kapitalistischen Staates zu stellen? Andererseits, wenn ihre Kräfte es noch nicht zulassen, dass der Aufstand entfesselt wird, läuft es dann nicht darauf hinaus, sie auf eine demokratische Regierung auszurichten, um sie auf den Weg zu drängen, der dem Feind den Sieg ermöglicht?
Natürlich ist das Problem nicht so, wie es die Verfechter des „kleineren Übels“ sehen: Das Proletariat hat seine eigene Lösung für das Problem des Staates und hat kein Interesse daran, sich an kapitalistischen Lösungen für das Problem der Macht zu beteiligen. Es ist offensichtlich und logisch, dass schwache bourgeoise Regierungen, die es dem revolutionären Kampf des Proletariats ermöglichen, sich zu entwickeln, in seinem Interesse sind, aber es ist auch offensichtlich, dass der Kapitalismus keine linken oder linksextremen Regierungen bilden wird, wenn sie nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt seine beste Form der Verteidigung sind. In den Jahren 1917-21 kam die Sozialdemokratie zur Verteidigung des bourgeoisen Regimes an die Macht, weil sie die einzige Möglichkeit war, die proletarische Revolution niederzuschlagen. Aber sind Marxisten der Meinung, dass eine reaktionäre, rechte Regierung besser ist und die Massen zum Aufstand führt? Wenn wir diese Hypothese formulieren, dann um zu zeigen, dass für das Proletariat das Konzept einer besseren oder schlechteren Regierungsform keine allgemeine Gültigkeit hat. Diese Konzepte sind nur für den Kapitalismus nützlich, je nach Situation. Die Aufgabe der Arbeiterklasse hingegen ist es, sich um Klassenpositionen herum zu gruppieren, um den Kapitalismus zu bekämpfen, ganz gleich, wie seine konkrete Form aussieht: faschistisch, demokratisch oder sozialdemokratisch.
Bei der Beurteilung der gegenwärtigen Situation ist zunächst einmal zu bedenken, dass die Frage der Machtergreifung für die Arbeiterklasse heute nicht unmittelbar ist. Einige der grausamsten Manifestationen dieser Situation sind die Entfesselung des faschistischen Angriffs und die Entwicklung der Demokratie hin zu Regierungen mit voller Machtbefugnis. Es geht also darum, zu bestimmen, auf welcher Grundlage die Umgruppierung der Arbeiterklasse stattfinden kann. Das ist eine wirklich merkwürdige Auffassung, die Marxisten von allen Agenten des Feindes und von den Verwirrern innerhalb der Arbeiterklasse trennt. Für uns ist die Umgruppierung der Arbeiter ein quantitatives Problem: Da das Proletariat sich nicht die Eroberung der Macht als unmittelbares Ziel setzen kann, muss es sich zusammenschließen, um für begrenztere, aber immer klassenbezogene Ziele zu kämpfen, d.h. für Teilkämpfe. Diejenigen, die einen falschen Extremismus an den Tag legen, der das Klassenwesen des Proletariats verändert, werden behaupten, dass das Proletariat jederzeit um die Macht kämpfen kann. Da sie nicht in der Lage sind, das Problem auf einer Klassenbasis, d.h. auf einer proletarischen Basis, anzusprechen, werden sie es erheblich entschärfen, indem sie die Frage der antifaschistischen Regierung aufwerfen. Man muss sich vor Augen halten, dass die Befürworter der Auflösung des Proletariats im antifaschistischen Sumpf offensichtlich dieselben sind, die die Bildung einer proletarischen Klassenfront für die Kämpfe der Forderungen verhindern.
In den letzten Monaten haben wir in Frankreich ein Aufblühen antifaschistischer Programme, Pläne und Organisationen erlebt, aber all das hat Doumergue nicht daran gehindert, eine massive Kürzung der Löhne und Renten vorzunehmen und damit das Signal für eine Lohnsenkung zu geben, die der französische Kapitalismus verallgemeinern will. Wäre nur ein Hundertstel der Energie, die für den Antifaschismus aufgewendet wurde, in eine solide Front der Arbeiterklasse für den Generalstreik, für die Verteidigung der unmittelbaren Forderungen geflossen, dann hätten einerseits die repressiven Drohungen ihren Kurs geändert, und andererseits hätte das Proletariat, sobald es sich zur Verteidigung seiner Klasseninteressen neu gruppiert hätte, sein Selbstvertrauen zurückgewonnen, die Situation verändert und das Problem der Macht wieder in der einzigen Form auftauchen lassen, die sich für die Arbeiterklasse stellen kann: die Diktatur des Proletariats.
Aus all diesen elementaren Überlegungen geht hervor, dass der Antifaschismus nur dann gerechtfertigt wäre, wenn es eine antifaschistische Klasse gäbe, deren Politik sich aus dem Programm ableitet, das ihr als Klasse entspricht. Aber nicht nur die elementarsten Formulierungen des Marxismus weisen solche Schlussfolgerungen zurück, sondern sie werden auch durch die Faktoren widerlegt, die sich aus der französischen Situation ergeben. In der Tat besteht das unmittelbarste Problem darin, die Grenzen des Antifaschismus festzulegen: Wo liegt seine Grenze auf der Rechten: bei Doumergue, der die Republik verteidigt, bei Herriot, der am „Waffenstillstand“ teilnimmt, um Frankreich vor dem Faschismus zu retten, oder bei Marquet, von dem es heißt, er vertrete „die Augen des Sozialismus“ in der Nationalen Union, bei den Jungtürken der Radikalen Partei oder einfach bei den Sozialisten oder, kurz gesagt, beim Teufel selbst, sofern die Hölle mit Antifaschismus gepflastert ist? Wenn man das Problem konkretisiert, zeigt sich, dass der Antifaschismus eine verwirrende Formel ist, die die Arbeiterklasse in die sichere Niederlage führt.
Anstatt die Forderungen der Arbeiterklasse grundlegend zu ändern, ist es die zwingende Pflicht der Kommunisten, die Arbeiterklasse über ihre Klassenorganisationen – die Gewerkschaften/Syndikate – um ihre Klassenforderungen zu gruppieren. Was die C.G.T. betrifft (die C.G.T.U. hat ihren gewerkschaftlichen/syndikalistischen Charakter verloren und ist zu einem Anhängsel des Zentrismus geworden), so erleben wir – und das ist ein weiteres Merkmal der Auflösung der Arbeiterklasse – einen Prozess der grundlegenden Veränderung, in dem sie sich in eine weitere politische Partei verwandelt, deren Ziel es ist, auf der Grundlage des Programms der Generalstaaten die Struktur der Gesellschaft in einem klassenübergreifenden Sinne zu verändern. Wir sehen, wie die Gewerkschaften/Syndikate zugunsten der antifaschistischen Ideologie verschwinden, obwohl sie die einzigen Organismen sind, die das Proletariat heute neu gruppieren können, wo doch nur unmittelbare Forderungen es der Arbeiterklasse ermöglichen, die Einheit des Kampfes wiederherzustellen. Abschließend möchten wir noch hinzufügen, dass die Tatsache, dass wir uns auf die Gewerkschaften/Syndikate stützen müssen, auf historische Elemente zurückzuführen ist, die nicht mit der Behauptung ignoriert werden können, dass die Gewerkschaften/Syndikate in Frankreich sehr schwach sind. Wir stützen uns nämlich nicht auf die formale Idee der Gewerkschaft, sondern auf die grundsätzliche Überlegung, dass wir uns – wie wir bereits gesagt haben – da sich das Machtproblem nicht unmittelbar stellt, begrenztere, aber immer klassenbezogene Ziele setzen müssen, um gegen den Kapitalismus zu kämpfen. Der Antifaschismus schafft Bedingungen, unter denen nicht nur die kleinsten ökonomischen und politischen Forderungen der Arbeiterklasse im Keim erstickt werden, sondern er gefährdet auch alle ihre Möglichkeiten des revolutionären Kampfes und setzt sie den Widersprüchen des Kapitalismus aus: dem Krieg, bevor sie die Möglichkeit hat, den revolutionären Kampf für die Errichtung der zukünftigen Gesellschaft zu führen.
1Die Autoren verwenden den Begriff „Zentrismus“ oder „Zentristen“, um sich auf die stalinistische Strömung zu beziehen, die die kommunistischen Parteien und die Internationale ab Mitte der 1920er Jahre kontrollierte.