Gefunden auf informativo anarquista, die Übersetzung ist von uns. Die beiden Artikel „In Erinnerung an Mauri“ und „Dies ist keine Zeit für die Sanftmütigen und Barmherzigen“ die von der Biblioteca Antiautoritaria Sacco y Vanzetti veröffentlicht wurden, nehmen (der erste indirekt und der zweite direkt) Bezug auf eine gerettete Textreihe/Debatte die auf „Informativo Anarquista“ und „La Jauria de la Memoria“ erschienen sind. Wir haben diese Textreihe/Debatte nicht nur übersetzt, sondern auch etwas erweitert, sie wird in den kommenden Tagen unter dem Titel „Diskussion über Plattformismus (aber nicht nur)“ erscheinen.
Soligruppe für Gefangene und den Zusammenbruch des Kapitalismus
(Chile) In Erinnerung an Mauri, Text aus der Biblioteca Antiautoritaria Sacco y Vanzetti
20. Mai 2024
Nichts ist vorbei, alles geht weiter
In diesen Tagen werden es 15 Jahre seit dem physischen Abgang von Gefährte Mauricio Morales, dem Punki Mauri, sein… tausend Empfindungen kommen an die Oberfläche. Der 22. Mai 2009 scheint wie gestern.
Tatsachen, Situationen, Gefühle, die immer lebendig sind und im Gedächtnis haften bleiben, weil die Kraft, mit der sie auftauchten, so groß war, dass nicht einmal das Verstreichen der Jahre diese Kraft besänftigen kann.
Die Nachricht von deinem Tod, die entfesselte Jagd, die Macht, ihre Verteidiger und falschen Kritiker, die Drohungen, Spott und Verleumdungen ausstoßen. Der Schmerz über deinen Abgang, die Komplizenschaft zwischen den Gefährt*innen, die Liebe, die Solidarität, der Kampf und die Nicht-Resignation.
Die herausfordernde Konfrontation, der Hochmut der beleidigenden Gesten. Die Anarchie als lebendige Idee, die in Aktion tritt und uns Kraft gibt, während sie uns antreibt, den Kopf zu erheben, um gegen Niederlage, Stagnation, Angst und Schmerz zu kämpfen.
Die Verbundenheit und Solidarität zwischen Gefährt*innen, die Gesten, die sich in verschiedenen Formen materialisieren, aber immer mit dem klaren Ziel, die Zerstörung von Macht und jeglicher Autorität weiter anzustreben.
All das, was der Mai 2009 war, all das und noch viel mehr, lässt sich nur schwer in Worte fassen, denn sie wirken alle blass, verwaschen und zu kurz, um das zu vermitteln, was wir erlebt haben. Trotzdem müssen wir es versuchen und über unsere eigenen Mauern hinausgehen.
Mauris Tod markierte auf mehreren Ebenen einen Wendepunkt. Für die Polizei bedeutete er, dass sie endlich einen Namen und eine Identität hatte, die sie verfolgen und den explosiven Aktionen zuordnen konnte, die seit 2004 unaufhörlich stattfanden (und für die sie keine anderen Hinweise als die eines feigen und wahnsinnigen Kollaborateurs, El Grillo, hatte).
Den anarchistischen Gefährt*innen blieben der Schock und der Schmerz des Abgangs, der sie zur Aktion rief, in unterschiedlicher Intensität, aber mit dem aufrichtigen Wunsch, zur Erinnerung und zum Kampf beizutragen.
In denselben Milieus trennen sich schließlich die Wege derjenigen, die die direkte Aktion verunglimpfen und nur der Massengewalt einen Wert beimessen und die individuelle Aktion, den sozialen Krieg, den permanenten Aufstand und das Arsenal, das er wählen kann, leugnen.
Diese Trennung und dieser Bruch hatten sich bereits angebahnt, aber Mauris Tod brachte zweifellos viele Masken, Beleidigungen, Opportunismus und Diffamierungen zu Fall. Die Geschichte ist voll von ruchlosen Charakteren und Tendenzen, die zu Verleumdungen, Beleidigungen und Betrügereien fähig sind, um sich anzupassen, um sich vor Gefahren zu schützen oder um politische Vorteile zu erlangen. Auch das immerwährende Gedenken an unsere Toten sollte diejenigen, die sie beleidigt, ihre Lebensentscheidungen verunglimpft und ihre Leichen verhöhnt haben, nicht mit Leichtigkeit vergessen.
Das brisante Jahr 2009 brachte Razzien, Verhaftungen, die Presse spuckte Berichte aus, Gefährt*innen wurden ins Visier genommen, verfolgt, klandestin, aber anarchische Tapferkeit erfreute sich bester Gesundheit und eine beträchtliche Anzahl von Gefährt*innen gab ihr Bestes und bemühte sich, zur antiautoritären Flut beizutragen, mit der Dringlichkeit, im Hier und Jetzt alles zu leben, was mit Worten aufgebaut wurde.
Dann folgte ein Polizeieinsatz nach dem anderen, gleichzeitige Razzien, die Schließung unseres besetzten Hauses, Verhaftungen, pompöse Prozesse, Klandestinität, jahrelange Flucht, aber der gleiche Wunsch, gegen die Macht zu kämpfen und weiter auf dem Weg zur totalen Befreiung voranzuschreiten.
Was bleibt nach so vielen Ereignissen… vielleicht werden sich viele diese Frage stellen, wir nicht, wir schweifen nicht ab, denn für uns ist klar, was bleibt, ist der tiefe Stolz, so gelebt zu haben, wie wir es wollten, mit den Werten und Mitteln, die uns richtig erschienen, ohne Reue. Was bleibt, ist die Freude darüber, dass sich unsere Wege mit wunderbaren, engagierten Menschen gekreuzt haben, die alles gegeben haben, ohne halbe Sachen, ohne Kompromisse, ohne Abstriche.
Was bleibt, ist die Liebe zu einer Idee und der brennende Wunsch, dass sie nicht im Mund stirbt, sondern sich in aktiven Händen durchsetzt. Was bleibt, ist die unendliche, ewige Liebe zu einem Bruder, der uns begleitet hat und der uns auch in der dunkelsten Nacht und auf dem gefährlichsten Weg begleiten wird.
Fünfzehn Jahre später sind die Idee und die Projekte, die uns vereinten, immer noch lebendig, genau wie du, unter neuen anarchistischen Gefährt*innen.
Mit ewiger Liebe…
Gefährt*innenschaft, Solidarität, Liebe, Konfrontation, Widerstand/Offensive, Krieg und Anarchie… Für einen immer schwarzen Mai.
Bis die letzte Bastion der Knastgesellschaft zerstört ist.
Biblioteca Antiautoritaria Sacco y Vanzetti
Mai 2024
„Die Schlange kann den Falken nicht verstehen.
Warum ruhst du dich nicht ein wenig hier im Dunkeln aus, in der schönen, glitschigen Nässe?“, fragte die Schlange. „Warum fliegst du in die Lüfte, weißt du nicht von den Gefahren, die dort lauern, von der Gewalt und dem Sturm, der dich erwartet, und von dem Gewehr des Jägers, der dich niederschlägt und dein Leben zerstört?“ Aber der Falke schenkte ihm keine Beachtung. Er breitete seine Flügel aus und flog; sein triumphaler Gesang wurde gehört und hallte am Himmel wider.
Eines Tages wurde der Falke abgeschossen, Blut floss aus seinem Herzen und dann sagte die Schlange: „Narr, ich habe dich gewarnt, ich habe dir gesagt, du sollst bleiben, wo du bist, in der Dunkelheit, in der schönen Feuchtigkeit, in der Hitze, wo dich niemand finden und dir schaden kann…“ Doch mit seinem letzten Atemzug antwortete der Falke: „Ich bin geflogen, ich bin in große Höhen aufgestiegen, ich habe das Licht gesehen, ich habe gelebt, ich habe gelebt!“
Für Mauricio Morales…
Für die Gefährt*innen, die von uns gegangen sind…