Der belgische Anti-Terrorismus schlägt gegen Anarchist*innen und Antiautoritäre

Von der Soligruppe für Gefangene

Veröffentlich am 31.01.18 in der Nummer 412 der Gefangenen Info

Der belgische Anti-Terrorismus schlägt gegen Anarchist*innen und Antiautoritäre

La Lime | Brüssel, 2. August 2017

Ein Verfahren gegen 12 Totalverweigerer, welche die belgische Justiz als „Terrorist*innen“ versucht abzustempeln. Ihr Verbrechen? Sich gegen die herrschende Ordnung zu stellen, und zwar auf eine autonome Art, mittels der direkten Aktion und zu allem Übel es öffentlich zu verteidigen. Ihre Ziele? Die Cops, Banken, Knäste, die Grenzen, die Zentren fürs Einsperren, Bosse, Geldeintreiber, die Eurokraten, die Überwachungskameras … Kurzum, all das, was uns auf dieser Welt ausbeutet und unterdrückt.
Überwachung, Spionage, Verfolgung, telefonisches Abhören, Einbauen von Kameras in Wohnungen, Infiltrierungsversuche, Hausdurchsuchungen, Verhaftungen … Und jetzt ein Verfahren wegen „Terrorismus“ und daher die Gefahr, viele Jahre im Knast zu verbringen. Wir können sagen, dass der Staat all seine verfügbaren Mittel einsetzt!

Trotz all dieser Eingriffe ist das juristische Gesuch schwächlich. Und wenn die Kämpfe real sind, existiert die „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ nur in der Fantasie des Staates.
Während der letzten Jahre haben wir, die die diese Zeilen schreiben, versucht uns der deprimierenden Realität entgegenzustellen, die versucht, dass wir sie akzeptieren, als ob es das beste System wäre. Auch wir, so wie viele andere, die aus verschiedenen Horizonten kommen, die verschiedene Richtungen eingeschlagen haben, waren ein Teil dieser Kämpfe. Wir können nicht inaktiv bleiben, auch wenn die atembare Luft täglich weniger wird.

Es ist für uns unvorstellbar, dem Staat zu erlauben, gegen einige Individuen zuzuschlagen, dass dieser auf sie zielt, sie fertig macht, ihre Ideen wie ihre Kampfformen zu beschmutzen.
Daher denken wir, ist die wundervollste der Solidaritäten, die lebendige Revolte hier und jetzt zu machen.
Wenn der Kampf für die Freiheit aus uns Terrorist*innen macht, werden die Plätze für die Beschuldigten mehr als ein dutzend Sitzplätze brauchen!

Belgien, letzte Nachrichten über das Verfahren gegen 12 Anarchist*innen und Antiautoritäre

Am 1. August 2017 hatte der Ratssaal von Brüssel sein Urteil gefällt, die Ermittlungen einem anderen Gericht mitsamt der Liste der Anklagepunkte weiterzuleiten. Bevor wir das Resultat des Verfahrens wussten, war ein Bericht der Presse, der von den Justizbehörden stammte, schon im Umlauf. Von den Journalisten schnell aufgegriffen, erschienen die Artikel nachher in der Presse. Die beinhalten mehrere Fehler, diese Ermittlung wurde mit einer anderen vermischt, die mehr auf den Kampf gegen den Bau eines Riesenknastes1 fokussierte. Es wurden Referenzen auf Ereignisse gemacht, die außerhalb der Ermittlungen stattfanden und irrten sich letztendlich komplett bezüglich der Vorwürfe des Ratsaales.

Erstens, der Saal strich die Anklage des Terrorismus auf alle spezifischen Verbrechern, welche vom Ministerium der Föderaloffensichtlichkeit angelegt wurden, daher auch die Anklage für Beteiligung in einer terroristischen Gruppe fallen gelassen wurde.

Im Nachhinein stellte der Saal eine große Anzahl an Anschuldigungen ein, wo eingeschätzt wurde, dass es nicht genügend Anklagepunkte gab, um die Akte dem Strafgericht zu übergeben. In diesem Fall, die Anklagen im Bezug auf den Angriff auf die Polizeiwache in Marolles2, dem Brand mehrerer Fahrzeuge von Schließern, die vorm Knast in Ittre geparkt waren, die Anstachelung terroristischer Delikte (die im Prinzip als „Anstachelung von Verbrechen und Delikten“ neu klassifiziert wurden, aber im Nachhinein eingestellt wurden, weil sie verjährt waren).

Im Gegenteil hat der Ratsaal die „Beteiligung in einer terroristischen Gruppe“ in die „Teilnahme einer Bildung einer Vereinigung mit der Absicht gegen Menschen und Eigentum Attentate zu begehen, um Verbrechen und Delikte zu begehen“ neu einzustufen, davon sind neun Personen betroffen. Die Anklage von „Anführern in einer terroristischen Gruppe“ wurde auf „Provokateure oder Anführer einer Bande einer Bildung einer Vereinigung mit der Absicht gegen Menschen und Eigentum Attentate zu begehen um Verbrechen und Delikte zu begehen“ umgestellt, davon sind drei Personen betroffen. Weitere Anklagen wären:
• „Versuch eines Brandes an einem bewohnten Gebäude“ während einer unangemeldeten Demo, die vor einem Inhaftierungszentrum für undokumentierte Migrant*innen in Steenokkerzeel am 21. Januar 2009 stattfand(acht beschuldigte Personen).
• „Angriff und Widerstand mit Gewalt oder Androhungen“ gegen Cops während einer Demo in Steenokkerzeelam 21. Januar 2009 (acht beschuldigte Personen).
• „Schaden“ an einer Limousine am 16. November 2011, was durch die Tatsache erschwert wird, dass das Verbrechen angeblich durch „Hass, Verachtung und Feindseligkeit im Bezug auf das Reichtum der Opfer“ inspiriert wurde (drei beschuldigte Personen).
• „Schläge und Verletzungen“, die auf den Chauffeur der Limousine begangen wurden (drei beschuldigte Personen)
• Cops während einer unangemeldeten Demo in Anderlecht am 12. November 2010 „angegriffen zu haben und Widerstand geleistet zu haben“ (zwei beschuldigte Personen).
• „Schläge und Verletzungen“ an einem Cop am 1. Oktober 2010 (eine beschuldigte Person).
• „Verbotene Waffen produziert zu haben“, 1. Oktober 2010, sich Nägeln bedient zu haben, um in Radfelgen einzustechen (zwei beschuldigte Personen).
• Einem Nachbarn „gedroht“ zu haben, gegen ihn einen Anschlag „zu verüben“, der in der Nähe des Knastes in Forest wohnt und durch den Lärm von Feuerwerken Anfang Oktober 2010 genervt geweckt wurde (drei beschuldigte Personen).
• „Sprühereien“ mit der Erschwerung, diese seien durch „Hass inspiriert“ worden (acht beschuldigte Personen).
• „Behinderung vom Verkehr“ während einer unangemeldeten Demo in Anderlecht (zwei beschuldigte Personen).
• „Beleidigungen“ gegen europäische Funktionäre (drei beschuldigte Personen).
• „Sich den Titel eines Anwaltes zugeschrieben zu haben“ (zwei beschuldigte Personen).

Die Staatsanwaltschaft hat 15 Tage Zeit, um ein mögliches Revisionsverfahren aufgrund der Entscheidung des Ratsaales einzuleiten. Insgesamt sind es 12 Gefährt*innen, die gerichtlich verfolgt sind. So wie es ausschaut, versucht das belgische Richteramt eine alte Tradition der Repression gegen Anarchist*innen wiederaufzunehmen. Die wäre, sie juristisch als eine „Vereinigung von Verbrechern“ zu verfolgen. Darüber werden wir später noch berichten.

Wir nutzen die Gelegenheit aus, um ein Grußwort an die Anarchist*innen und Revolutionäre, die sich in den Knästen weltweit befinden zu schicken, genauso wie an all jene, die für die Zerstörung der Autorität kämpfen.
Anmerkungen

1 Seit 2013 führen Gefährt*innen einen autonomen Kampf gegen den Bau eines Riesenknastes in Haren, welches sich außerhalb von Brüssel befindet. Im Juni 2015 gab es mehrere Hausdurchsuchungen in den Wohnungen mehrerer Gefährt*innen sowie im „Passage“, eine Räumlichkeit wo der Kampf gegen den Bau der Riesenknastes geführt wird. In diesem Kontext wurde eine „antiterroristische“ Ermittlung eröffnet, welche noch am Laufen ist und die Taten, die im Rahmen dieses Kampfes stattfanden, führt. Auch wenn mehrere Personen auf beiden Prozessen beschuldigt werden, wurden die Akten nicht zusammengelegt und werden getrennt voneinander geführt.

2 Marolles ist ein Kiez in Brüssel, wo eine Polizeiwache von dutzenden von Personen angegriffen wurde, nachdem die Cops verhindert hatten, dass eine autonome Demo gegen Knäste und Verhaftungszentren stattfand.

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